Ungewissheit

Alles hängt in der Schwebe. In den nächsten Wochen wird sich endlich einiges entscheiden und hoffentlich auch verändern.

 

Meine Mutter hatte sich zwei Pflegeheime angeschaut. Die Pflegeleitung von einem sagte, dass sie mich nicht nehmen könnten, weil ich einen zu hohen Pflegeaufwand verursache. Abgesehen davon, dass es wirklich schlimm aussah, fiel mir dabei aber die Kinnlade runter. Ich dachte, ein Pflegeheim ist zum Pflegen da?! Das andere Heim, ein psychiatrisches, hätte mich genommen, kommt aber leider nicht in Frage, weil dort hauptsächlich Männer sind, die durch ihre Krankheit häufig laut und manchmal aggressiv sind. Da ist mir die Gefahr einer Retraumatisierung zu hoch.

 

Meine Psychotherapeutin hatte mit Ellert Nijnhuis gesprochen, einem der führenden Trauma- und DIS Ärzte aus Holland. Dabei kam aber leider nichts Brauchbares raus. Nachdem ich diese Woche eine E-Mail voller schlechter Neuigkeiten von meiner Therapeutin bekam z. B., dass dem Universitätsklinikum Eppendorf auch der Pflegeaufwand zu groß ist, verschlug es mir wieder komplett die Sprache. Es kommt mal wieder gar kein Ton heraus.

 

Vor lauter Verzweiflung hat meine Therapeutin nochmal einen letzten Versuch gestartet und eine der führenden Kliniken, die DIS behandeln, angerufen. Nun stehe ich mit einer der Ärztinnen der Klinik in Kontakt. Zuerst muss mit dem Pflegepersonal besprochen werden, ob das Personal meine Pflege tragen kann. Ich könnte jedoch auch von einem externen Pflegedienst während des Klinikaufenthaltes betreut werden. Ein zweiwöchiger Probeaufenthalt steht also momentan im Gespräch. Ich möchte mich noch nicht zu sehr „freuen“ (wie man sich halt auf einen Klinikaufenthalt „freuen“ kann), weil ich so weit auch schon mit diversen anderen Kliniken war.

 

Eine Voraussetzung für den Klinikaufenthalt ist eine erneute neurologische Abklärung. Vor zwei Jahren wurden alle möglichen Untersuchungen bezüglich der Bewegungsstörung gemacht. Dabei wurde keine körperliche Ursache gefunden. Jetzt sollte aber ausgeschlossen werden, dass meine Krampfanfälle epileptisch sind und keine andere Krankheit hinter der Bewegungsstörung steckt. Auf der einen Seite möchte ich unbedingt die Untersuchungen haben, es wäre ja auch ein grober Behandlungsfehler, wenn die Anfälle und Lähmung körperliche Ursachen hätten und ich psychologisch behandelt werde. Wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass es dissoziativ ist. Auf der anderen Seite habe ich große Angst davor, weil Arztbesuche für mich furchtbar sind, weil ich dabei immer Panik bekomme und stark dissoziiere.

 

Vielleicht haben wir nun endlich einen Pflegedienst gefunden. Eine Pflegekraft war diese Woche zum Kennenlernen da und wird uns nun einen Kostenvoranschlag machen. Der Pflegedienst würde morgens die Grundpflege übernehmen. So könnte meine Mutter zumindest wieder halbtags arbeiten gehen. Voraussetzung dafür ist aber, dass ich einen Lifter bekomme. Eine Maschine die mich aus dem Bett in den Rollstuhl heben kann. Das Teil sieht ganz schön gruselig aus! Mal schauen wie ich damit klarkomme, weil ich ja so extreme Klaustrophobie habe. Aber für die Betreuungskräfte wäre es eine große Erleichterung. Der Transfer mit dem Rutschbrett ist einfach zu schwer, weil ich ja nur minimal mithelfen kann.


Am 17.10. kommt der MDK zur Pflegebegutachtung vorbei. Meine Mutter hatte vor einigen Wochen eine Erhöhung des Pflegegrades beantragt. Die Erhöhung wurde uns von mehreren Fachpersonen geraten. Momentan habe ich PG 3. Wir nehmen an, dass ich PG 4 bekomme. Eine Pflegekraft meinte sogar, dass mir PG 5 zustehen würde. 

 

Eine Ergotherapeutin war gestern nun schon zum zweiten Mal da. Sie macht mit mir Konzentrationsübungen und Übungen zur Körperwahrnehmung. Ich habe ja auch sehr starke Schmerzen und einige Druck/Schmerzpunkte die besonders wehtun. Die behandelt sie mit Schallwellen. Eine Physiotherapeutin stellt sich nächste Woche vor. 

 

Ende August gab es ja die Begutachtung eines Psychiaters für die gesetzliche Betreuung. Diese Woche hat meine Mutter nochmal mit dem Amtsgericht telefoniert. Jetzt ist endlich das Gutachten eingetroffen, sodass ich hoffe, dass mir bald meine Betreuuerin zugesprochen wird. Mit dem Gutachten und der Pflegebegutachtung kann ich mit der gesetzl. Betreuerin, einer Rechtsanwältin, verstärkt gegen das Versorgungsamt vorgehen. Die ja immer noch überzeugt sind, dass ich ohne Begleitung ortsübliche Wegstrecken ohne Gefahr zu Fuß zurücklegen kann. Haha... sehr witzig!

Ich lerne Kompromisse zu schließen - DIS

Mir fällt es immer noch ganz schön schwer anzunehmen, dass noch andere Persönlichkeiten in mir leben. Ich muss mich immer wieder daran erinnern, dass auch die anderen ein Recht haben, zu sagen was sie wollen und brauchen. Ich lerne so langsam, Kompromisse zu schließen, selbst wenn ich mit manchem Verhalten nicht einverstanden bin. Ich habe u. A. auch gelernt immer Zigaretten in der Wohnung zu haben, weil manche Raucher aus dem System ungemütlich werden, wenn sie keine finden. Vor allem Zigarettenrauch in der Wohnung ist ein großer Trigger für mich, aber zum Glück gehen die meisten dafür auf den Balkon.

 

Vor allem eine Jugendliche fordert immer mehr Raum und die Möglichkeit, sich selbst zu entfalten. Mit ihr versuche ich über ein Kommunikationsbuch im Kontakt zu bleiben und über ihre Wünsche zu reden. Ich muss noch viel im Umgang mit Innies lernen! Aber zum Beispiel bin ich nun einverstanden, dass sie sich/uns ein Lippenpiercing machen lässt. Bevor sie sich wieder ungefragt Sachen von Amazon bestellt und womöglich noch versucht, sich selber ein Piercing zu stechen, darf sie es machen lassen.

 

Für die bis jetzt bekannten Kinder aus dem System habe ich Spielzeug bestellt. Vor allem die Sorgenfresserin finde ich toll. Sorgenfresser sind für ängstliche Kinder gemacht, ich habe aber auch schon von vielen Erwachsenen gehört, wie toll die sind. Entweder malt man das, was einem Angst macht oder man schreibt es auf einem Zettel auf und dann lässt man den Sorgenfresser, bei uns ist es "Molly", die Sorgen auffuttern.

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