Wirklich hilfreiche Hilfsmittel


Ich bin nun schon seit sieben Jahren pflegebedürftig. In dieser Zeit habe ich viele Erfahrungen mit Hilfsmitteln gemacht, neue Dinge kennengelernt und Life-Hacks für mich gefunden. Manches davon habe ich nach der Erprobung wieder verworfen, aber ich habe auch einige Sachen gefunden, die wirklich nützlich sind und mir den Alltag erleichtern. Nur wenige der Hilfsmittel, die ich gleich vorstellen werde, wurden von meiner Krankenkasse bezahlt, das meiste habe ich bzw. meine Mutter selber gekauft. Behindert zu sein ist ganz schön teuer!

 

Bei einigen Artikeln werde ich Links angeben. Ich bekomme dafür kein Geld, aber ich hätte mir damals selber gewünscht, früher von bestimmten Produkten zu erfahren. #unbezahlteWerbung


Bett und Zubehör

Bett

Ich liege im angewinkelten Bett. Ein schwarzer, vollgestellter Betttisch steht vor mir und meine trikolor Katze liegt an meinen Beinen. Wir gucken beide in die Kamera.

In meinem Bett spielt sich mein ganzes Leben ab, denn hier verbringe ich auch jetzt, seit ich meinen neuen E-Rollstuhl habe, den größten Teil der Zeit. In der ersten Zeit hatte ich mein altes 140 cm Bett und saß darin tagsüber mit einer Vielzahl von Kissen und speziellen Lagerungskissen. Bei der Krankenkasse habe ich ein Pflegebett beantragt, das musste aber auch 140 cm breit sein, damit ich mich darin umdrehen konnte und damit eine Pflegeperson mich bei den damaligen Krampfanfällen betreuen konnte. Die Krankenkasse wollte nur ein 90 cm breites Bett bezahlen und hat alles andere abgelehnt. Für mich war das aus pflegerischer und persönlicher Sicht keine Option. Deshalb hat meine Mutter mir ein Seniorenbett mit elektrisch verstellbarem Lattenrost gekauft. Das Bett ist nicht höhenverstellbar, ist aber von Haus aus 54 cm hoch, somit muss sich meine Pflegeperson nicht ganz so weit herunterbücken. Für mich ist es sehr wichtig, dass ich mein Kopf- und Fußteil stufenlos verstellen kann, damit ich im Laufe des Tages und je nachdem, was ich machen möchte, selbstständig meine Position verändern kann. 

Topper

Seit neuestem habe ich einen dicken Schafwollmatratzenschoner auf meiner Matratze liegen. Der wirft im Gegensatz zu anderen Toppern und Matratzenschonern kaum Falten, auch wenn ich das Rückenteil hochfahre. Dadurch wird er mir hoffentlich weiterhin helfen, einen Dekubitus zu vermeiden. 

Lagerung

Oben habe ich beschrieben, dass ich eine ganze Menge Kissen brauchte, um im Bett eine stabile Position halten zu können. Außerdem stützen die Kissen meine Arme, die ich kaum selbstständig heben kann. Aus jeweils drei Kissen einen „Turm“ zu bauen, der stabil, hoch genug und ebenmäßig ist, war einigermaßen kompliziert und kostete viel Zeit und Nerven. Schließlich hatte meine Mutter die Idee, bei einer Raumausstatterin nachzufragen, ob sie mir maßgefertigte Stützkissen anfertigen könne. Das Ergebnis ist wirklich prima und hat das Lagern deutlich vereinfacht. Die Raumausstatterin kam zu mir in die Wohnung, hat sich genau angesehen und mit mir besprochen, was ich brauche. Nun habe ich zwei Schaumstoffkeile, mit einem schönen weichen Bezug, die meinen Oberkörper und meine Arme im Sitzen und Liegen gut abstützen. Sie haben auch eine Vorrichtung, dass sie nicht aus dem Bett fallen können.


Betttisch

Ich brauche alle möglichen Gegenstände in meiner Greifnähe: Laptop, Fernbedienungen, Getränk, Waschlappen, Handy, Taschentücher und einiges mehr. 

 

Zuerst hatte ich ein Betttablett aus Bambus, das war aber zu klein und auch zu schwer. Jetzt habe ich eine viel bessere Lösung für mich gefunden, und zwar einen rollbaren Betttisch, der über die gesamte Bettbreite geht und manuell höhenverstellbar ist. Man muss den Tisch nicht abräumen, sondern kann ihn einfach zur Seite schieben, wenn er im Weg ist. Dadurch, dass er rollbar ist, kann ich ihn selbst vor- und zurückschieben. Zum Essen benutze ich nach wie vor das Bambustablett.


Essen und Trinken

Besteck

Mit der Zeit wurde es immer schwieriger, mit dem normalen Besteck zu essen. Da meine Muskelschwäche so weit fortgeschritten ist, konnte ich meine Gabel mit 37 g nicht mehr gut anheben. Außerdem rutschte sie mir mit ihrem dünnen Griff wegen fehlender Griffkraft immer wieder aus der Hand. Nun habe ich ein Besteck gefunden, das supergut in der Hand liegt, weil es einen dicken Griff hat und dabei extrem leicht ist.

(Gabel 27 g, Messer 23 g, abgebogener Löffel 35 g) 


Strohhalm

Mir ist völlig bewusst, dass Einwegutensilien aus Plastik absolut schädlich für die Umwelt sind und ich versuche, Müll zu vermeiden, wo es möglich ist. Bei Plastikstrohhalmen ist mir das nicht möglich. Ich habe bis jetzt noch keine gleichwertige Alternative gefunden. Der Strohhalm muss über Stunden in meinem Getränk stehen, ohne sich aufzulösen oder Geschmack abzugeben. Er muss dünn und flexibel sein, damit ich auch im Liegen trinken kann. Bevor die Plastikstrohhalme vom Markt verschwunden sind, habe ich mir einen großen Vorrat angelegt und hoffe nun, dass jemand bald eine passende Alternative entwickelt. Bis dahin ist der Plastikstrohhalm für mich ein absolutes „must have“.

 

Den Worten von Raul Krauthausen möchte ich mich anschließen!

Glas mit Henkel und Plastikdeckel

Damit ich selbstständig trinken kann, habe ich Verschiedenes ausprobiert. Meine Arme und Hände sind so schwach, dass ich kein Glas oder Tasse zum Mund heben kann. Ich mag nicht aus Plastikbechern trinken, die aber leichter wären. Ich komme am besten mit normalen Henkelgläsern aus Glas klar, die ich zwar auch nicht heben, aber über Oberflächen heranziehen kann. Die üblichen Metallschraubdeckel rosten leicht, aber es gibt auch Deckel aus Plastik.


Sanitärbereich

Die nächsten beiden Hilfsmittel sind die, die mir das Leben am meisten erleichtern!

 

Als kleine Vorgeschichte: Bis vor ein paar Monaten wurde ich dreimal täglich mit dem Patientenlifter zur Toilette gebracht. Das war jedes Mal eine Riesenanstrengung, dauerte bis zu einer Stunde, bis ich wieder ordentlich im Bett lag und war auch durchaus risikoreich und mit Sturzgefahr verbunden. Nicht selten erschöpfte mich ein Klogang so sehr, dass ich hinterher zu schwach war zu Essen und Trinken. Dieser Tortur wollte ich mich natürlich nicht öfter als unbedingt nötig aussetzen. Deswegen habe ich viel zu wenig getrunken und auch viel zu lang angehalten, wodurch ich Nierenschmerzen bekommen habe. Außerdem fühlte ich mich komplett ausgeliefert in dem Bewusstsein, ständig auf jemand anderen angewiesen zu sein, um die Grundbedürfnisse zu erfüllen. Als ich merkte, dass ich das alles nicht mehr schaffe, habe ich meine Hausärztin um Hilfe und Rat gebeten. Von ihrer Seite kam aber wenig Unterstützung. Daraufhin haben meine Mutter und ich uns selbst erkundigt. In verschiedenen Sanitätshäusern fragte meine Mutter nach Bettflaschen oder anderen Hilfsmitteln, aber was als Kassenleistung angeboten wurde, kam nicht in Frage. Mehr oder weniger zufällig stieß meine Mutter auf Pibella.

Pibella Comfort

Das hört sich vielleicht seltsam an, wenn ich sage, dass ich jedes Mal froh und dankbar bin, wenn ich pinkeln kann, aber es ist so. Ich trinke, wenn ich durstig bin und muss mir keine Sorgen machen, ob meine Mutter Zeit hat, mich zur Toilette zu fahren. Pibella Comfort hat mir so viel Selbstständigkeit und Unabhängigkeit zurückgegeben, wie sonst kein anderes Hilfsmittel. Die Pibella besteht aus einem kleinen Plastikrohr, das am oberen Ende so geformt ist, dass es eng anliegt und die Harnröhre komplett umschlossen wird. Am Anfang war ich etwas unsicher, aber mit etwas Übung klappt das Pinkeln im Bett liegend problemlos und unfallfrei. Leider ist die Pibella nicht als Hilfsmittel anerkannt und muss somit selbst gekauft werden. Ich finde sie teuer, aber trotzdem ist sie für mich jeden Cent wert. 

Toilettenstuhl mit Bidet

Das zweite Hilfsmittel, für das ich jeden Tag dankbar bin und das für mich eine wirkliche Erleichterung bedeutet, ist mein Toilettenstuhl mit Bidetfunktion. Auch der ist leider selbst gekauft. Einen einfachen Toilettenstuhl hätte ich auch von meiner Krankenkasse bekommen können, aber gerade mit der Bidetfunktion erlange ich mir die Selbstständigkeit.

 

Ein praktisches Zubehör zum Toilettenstuhl ist der „Comfort Wipe“ 😉

Haarwaschbecken

Das Haarewaschen war schon lange ein großes Problem. Ich kann ja schon seit langer Zeit nicht mehr duschen und baden. Zuerst habe ich die Haare am Waschbecken gewaschen bekommen, aber das ging nicht lange gut. Es gibt verschiedene Haarwaschbecken für das Bett, aber die meisten sind aufblasbar, viel zu klein und alles andere als dicht. Dann haben wir, wie immer durch eigene Recherche, das Haarwaschbecken von Heiwasch gefunden. Das ist eine Wanne aus Hartplastik mit einem abgeschrägten Teil für die Schultern. Ich finde, dass das die schonendste Variante für das Haarewaschen im Bett ist. Seit ich die Haare regelmäßig kurz rasiert bekomme, werden sie meistens einfach im Sitzen mit dem Waschlappen gewaschen.


Hilfsmittelpaket

Jeden Monat bekomme ich das Pflegehilfsmittelpaket der Krankenkasse. Darin sind Verbrauchsmaterialien wie, Bettschutzeinlagen, Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel und Mund-Nasen-Schutz. Den genauen Inhalt kann man meist mit dem Versorger besprechen.

Lagerungskissen

Schon ziemlich zum Anfang meiner Pflegebedürftigkeit habe ich von meiner Krankenkasse ein Lagerungskissen bekommen. Es ist lang und L-Förmig, mit einem Granulat gefüllt und hat einen abwaschbaren Bezug. Ich verwende es für alle möglichen Zwecke. Wenn ich ohne Rückenlehne aufrecht sitzen muss, wird mir das Kissen auf meine Oberschenkel gelegt, damit ich mich darüber beugen, meinen Oberkörper ablegen und somit in einer Sitzposition bleiben kann, vor allem beim Haare waschen oder auf dem Toilettenstuhl.


Mobilität

E-Rollstuhl

Ein schwarzer Meyra iCHAIR Orbit. Mit maßangefertigten Fußkasten, Sitzkissen, Armlehnen, Rückenteil mit Peloten und einer Savant Kopfstütze

Mein neuestes, größtes, teuerstes und wirkungsvollstes Hilfsmittel ist mein E-Rollstuhl. Ich habe mich eingehend informiert, habe zwei E-Rollstühle Probe gefahren, wurde ausführlich beraten und habe mich dann für den Meyra ICHAIR Orbit mit diversen Sonderanfertigungen entschieden. Es wurde ein gepolsterter Fußkasten gebaut, sodass meine Füße nicht aufgestellt werden müssen und von allen Seiten gut geschützt sind. Das Sitzkissen wurde nach meinen Maßen und Bedürfnissen angefertigt. Der Rücken hat zusätzliche Seitenstützen bekommen und die Armlehnen haben eine Mulde, um meinen Ellenbogen zu halten. 

 

Dieser E-Rollstuhl ermöglicht mir überhaupt, mobil zu sein. Leider hat meine Krankenkasse die Kostenübernahme bis jetzt abgelehnt (Stand 10/2022).

Patientenlifter

Das einzige größere Hilfsmittel, das ich von der Krankenkasse bekommen habe, ist mein Patientenlifter. Zwischen uns besteht eine gewisse Hassliebe. Ich brauche ihn jedes Mal, wenn ich mein Bett verlassen will, weil ich mich nicht manuell umsetzen kann. Das Teil ist unverzichtbar und macht seinen Job, aber der Transfer ist für alle Beteiligten unangenehm, anstrengend und für mich oft schmerzhaft. 

Rutschbrett

Zum Transfer vom Bett zum Rollstuhl und umgekehrt habe ich früher ein Rutschbrett benutzt. Das war eine Zeit lang auch wirklich hilfreich, ist mir jetzt aber nicht mehr möglich.


Kleidung

Renato

Von Renato habe ich Sitzhosen und eine Winterjacke. Die Hosen passen prima, sind hoch genug, sehr leicht anzuziehen und angenehm zu tragen. Der Schnitt der Jacke ist sehr gut durchdacht und dadurch auch einfacher anzuziehen. Von der Inhaberin wurden wir sehr freundlich beraten und konnten auch verschiedene Kleidungsstücke zur Auswahl bestellen. 


Weitere Anbieter von Rollstuhlmode:


Sonstiges

Smart Home / Wohnumfeld verbessernde Maßnahmen

Bei Pflegebedürftigkeit kann man von der Krankenkasse bis zu 4000 € Zuschuss für sogenannte Wohnumfeld verbessernde Maßnahmen bekommen. Das kann z. B. ein Badezimmerumbau sein, aber auch Smart Home Installationen. Ich habe mit Glühbirnen angefangen, die ich über eine Handy-App ein- und ausschalten kann. Bei einem Preis von 1 € pro Glühbirne habe ich großzügig darauf verzichtet, dafür einen Antrag zu stellen. Das hört sich so unbedeutend an, aber für mich ist es ein weiterer wichtiger Schritt zur Selbstständigkeit, jederzeit und alleine die Beleuchtung in meinem Zimmer regeln zu können.

 

Ich plane weitere Smart Home Installationen: Fensteröffnung, Gardinen und ein Thermostat.

 

Smart Home ist wieder sowas, bei dem ich mich hinterher frage, warum wir das nicht schon längst gemacht haben. 

Klingel

Ein kleines Gimmick, das uns aber viel Nutzen bringt und mehrmals täglich im Gebrauch ist, ist meine Rezeptionsklingel. Ich kann ja nicht laut rufen, weil ich eine Sprachbehinderung habe und brauche deswegen ein Hilfsmittel, mit dem ich mich bemerkbar machen kann, auch wenn meine Zimmertür geschlossen ist. Total Öko, braucht noch nicht mal Strom.

Tablet Halterung

Mit der fortschreitenden Muskelschwäche wurde mir mein Tablet mit der Zeit zu schwer. Jetzt habe ich einen ganz einfachen Halter, der an mein Betttisch befestigt ist. Das Tablet ist damit genau in der richtigen Position, damit ich gut dran komme und es kann nicht mehr runterfallen.

Ein Blick aus meiner Sicht auf meinen Betttisch. Man sieht mein Henkelglas, die Rezeptionsklingel, die Tablet Halterung, meine Fernbedienungen und dahinter steht ein Patientenlifter.

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Schreib mir unter:

wirrwege@gmail.com

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Stand 10/2022