Psychohygiene

Für diesen Artikel konnte ich absolut keinen passenden Titel finden. Schließlich bin ich auf das Wort Psychohygiene gestoßen und das trifft es eigentlich ziemlich genau.

 

Definition: "Zur Psychohygiene zählen alle Maßnahmen, die dem Schutz und dem Erhalt der psychischen Gesundheit dienen. Dazu gehören Lebensgewohnheiten und Verhaltensweisen, die Personen unterstützen mit Belastungen (z.B.Stress) umzugehen, sowie tägliche „Pflegemaßnahmen“ für die Seele." Quelle Gesundheit.gv

 

Mir geht es psychisch sehr viel besser und ich möchte gerne beschreiben, wie mein Weg dahin war. 

Das Englische Wort "REST" ist mit Dominiosteinen buchstabiert

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Von der Trauer zu Selbstmitgefühl

Ich habe ja schon sehr lange keinen Blogbeitrag mehr geschrieben und ich dachte auch nicht, dass ich das nochmal tun würde. Aber die Tage habe ich über etwas nachgedacht, das ich doch nochmal teilen möchte. In einer Facebook Gruppe fragte mich jemand, wie ich mit der Trauer über den Verlust von Fähigkeiten, Selbstständigkeit und Lebensqualität umgehe. Ich habe mir gleich gedacht, dass das eine gute Frage ist, über die es sich lohnt nachzudenken. 

 

Meine Antwort war: „Ich finde es wichtig der Trauer erstmal Platz zu geben. Der Verlust von Fähigkeiten und Lebensqualität macht natürlich traurig und das ist völlig berechtigt. Mir tut es gut, das nicht einfach wegzudrücken und ich habe gelernt, Mitgefühl mit mir selbst zu haben, nicht zu verwechseln mit Selbstmitleid. Mir tut es auch gut, wenn ich mit jemanden darüber reden kann, die mich ernst nimmt und meine Trauer nicht kleinredet.“

 

Trauer ist ein emotionaler Zustand, der aus ganz unterschiedlichen Gründen da ist. Am ehesten verbindet man Trauer ja mit einem Todesfall, aber Trauer empfindet man auch bei vielen anderen Verlusten oder unerfüllten Sehnsüchten. Ich persönlich trauere nicht um einen anderen Menschen, sondern um ganz viel verlorene Lebensqualität, körperliche Fähigkeiten und um unerfüllte Wünsche. Diese Art von Trauer wird im Lauf der Zeit nicht weniger, weil meine Krankheit ja auch nicht besser wird, eher im Gegenteil. Sie sucht sich ihren Weg, flammt auf, flaut ab, aber es wird mit der Zeit nicht leichter. 

 

Die eigentliche Frage war ja, wie ich mit der Trauer umgehe. Der Verlust meiner Gesundheit und Selbstständigkeit fing ja schon vor neun Jahren an. Zu der Zeit war ich einfach nur verwirrt und wusste nichts mit mir und der Situation anzufangen. Die Trauer kam erst einige Jahre später, als ich merkte, dass meine Erkrankung chronisch ist. Keine meiner damaligen Therapeutinnen hat jemals mit mir über das Thema Trauer gesprochen. Seit es mir körperlich so schlecht geht, habe ich mit Ärzt*innen, Therapeut*innen und Ämtern fast ausschließlich schlechte Erfahrungen gemacht. Ich wurde abgelehnt, im Stich gelassen, nicht ernst genommen, unverstanden, nicht respektiert, missachtet. Zunächst habe ich versucht, die Situationen sachlich und nüchtern zu betrachten. Ich habe immer deutlicher wahrgenommen, wie unfair ich behandelt wurde und wie einfach sich die Fachleute das mit mir gemacht haben. Wie wenig manche Leute mein Schicksal interessiert und wie sie sich hinter Paragraphen, Sachzwängen und Ausreden versteckten. Oft war ich darüber völlig geschockt und wie gelähmt. Mit der Zeit konnte ich immer besser fühlen, wie sehr mich das verletzt hat und ich entwickelte immer mehr Selbstwahrnehmung und Mitgefühl für mich selbst. Das bedeutet auch, dass meine Selbstachtung gewachsen ist: mir ist bewusst geworden, dass ich ein Recht darauf habe, von anderen geachtet zu werden. 

 

Früher wäre an so eine Aussage gar nicht zu denken gewesen. Statt Selbstachtung war eher der Selbsthass die vorrangige Empfindung. Ich habe immer noch kein wirklich gutes Selbstbild, aber es ist ausgewogener geworden. Ich weiß nicht, ob ich das lustig oder traurig finden soll, aber diese Entwicklung hin zu mehr Selbstachtung ist erst in Gang gekommen, nachdem ich diese massive Ablehnung von allen Seiten erfahren habe. Als mich niemand ernst genommen hat, habe ich angefangen mich selbst ernst zu nehmen. Ich akzeptiere immer weniger simple Ausreden und Entschuldigungen. Ich orientiere mich mehr an anderen Aktivist*innen für Behindertenrechte.

 

Ich habe das Gefühl, dass ich auf meinem Weg viel weitergekommen bin, seit ich keine Therapie mehr habe. Ich weiß nicht, ob ich in meinem Selbstbild auch da angekommen wäre, wenn ich weiterhin Therapie erfahren hätte. Ich möchte aber auch die Therapeut*innen nicht entschuldigen, denn das Aufgeben kann ja nicht Sinn und Zweck gewesen sein. Ständig von Therapeut*innen zu hören, dass ich nicht ins Konzept passe, dass meine Erkrankung zu komplex ist, dass keine Aussicht auf Verbesserung besteht usw. war und ist verletzend und durchaus traumatisch. 

 

Mein psychischer Zustand hat sich zwar deutlich verbessert, aber körperlich geht es mir trotzdem immer schlechter, da hilft auch das Mitgefühl nichts.

 

Selbstmitgefühl zu haben bedeutet aber nicht, sich selbst zu bemitleiden. Mitgefühl ist ein Ausdruck von Achtung und Respekt, Mitleid macht klein und machtlos. Ich versuche so wenig wie möglich zu jammern und meistens gelingt mir das auch.

 

Die Trauer um Verlorenes oder auch über alles was ich mir für mein Leben gewünscht hätte ist immer da, mal sehr präsent, mal mehr im Hintergrund. Wenn die Trauer sich so in den Vordergrund drängt, dann darf sie erstmal da sein. Es tut mir gut, wenn meine Mutter mir zuhört. Sie versucht nicht, mir meine Trauer auszureden oder mich zu trösten, sondern sie ist einfach da und sitzt mit mir in dieser Situation und lässt mich einfach „sein“. Nur so kann ich dem Gefühl Raum geben, dass das alles wirklich traurig ist.

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Eine Absage, die weh tut

Vor ein paar Tagen habe ich eine Mail von einer Psychotherapeutin erhalten, die mich nicht mehr loslässt. Es bringt ja eigentlich nichts, sowas öffentlich zu machen, aber ich habe einfach das Bedürfnis das auszusprechen.

 

Vor 2 ½ Jahren hatte meine letzte Psychotherapeutin die Therapie beendet, weil sie von sich selbst sagte, sie sei ratlos. Danach haben meine Mutter und ich mit mehreren anderen ambulanten Psychologen Kontakt gehabt, aber niemand wollte mich als Patientin aufnehmen. Mit der Zeit habe ich den Versuch, eine ambulante Therapie zu finden, aufgegeben. Die ständigen Absagen haben mich so runtergezogen und mir noch mehr Hoffnung genommen. Meine Mutter hat aber immer weitergesucht, ohne mir weitere Versuche und Ablehnungen mitzuteilen. Vor ein paar Wochen habe ich aber auf einen Tipp reagiert und doch noch mal eine Psychologin hier in der Nähe angeschrieben. Meine Mutter ging zu ihr in die Praxis für ein Kennenlerngespräch. Sie wäre bereit gewesen, Hausbesuche zu machen und sie hatte Erfahrungen mit Traumapatienten. Sie hat gleich gesagt, dass sie mir keine großen Hoffnungen machen will, aber meine Geschichte hätte sie berührt und deshalb hat sie trotz voller Warteliste überlegt, ob sie mich aufnimmt. Letztendlich hat sie mir abgesagt. Was mich an der Mail so traurig macht ist nicht, dass sie abgesagt hat, sondern die Begründung. 

 

Zitat „…Ihre Lebenssituation berührt mich wirklich sehr, und ich sehe wahrlich Ihre große Not! Dennoch sehe ich mich leider nicht in der Lage, Sie zu unterstützen.

Es scheint mir ehrlich gesagt sehr wenig aussichtsreich, mit den begrenzten zeitlichen Möglichkeiten einer ambulanten Psychotherapie an dieser Situation, die sich in den letzten Jahren ja immer mehr chronifiziert hat, die erforderlichen Veränderungen erzielen zu können. Sicherlich sehe ich den dringenden Bedarf einer langfristig angelegten psychotherapeutischen Begleitung/Behandlung. Diese müsste meiner fachlichen Einschätzung nach jedoch eingebettet sein in die Behandlung durch ein multiprofessionelles Team (Krankengymnastik, Soziotherapie) und eine räumliche Trennung der Wohnsituation implizieren. Es tut mir sehr leid, Ihnen mit meinen Möglichkeiten nicht weiterhelfen zu können.

Ich wünsche Ihnen beiden für Ihren weiteren Lebensweg von ganzem Herzen alles alles Gute. ...“ 

 

Ich werde immer gereizter, wenn ich im Internet Motivationstexte lese, wie „Du musst nur um Hilfe bitten, dann bekommst du sie auch!“ Genau dieses multiprofessionelle Team und eine andere Wohnsituation versuchen wir ja seit vielen Jahren aufzubauen – ohne Erfolg. Unterstützende therapeutische Gespräche werden mir nicht gewährt, weil ich nicht genug Unterstützung habe und sie die Therapie als wenig aussichtsreich sieht. Also werde ich ganz alleine gelassen und zum Abschluss der Mail wird mir ein guter weiterer Lebensweg gewünscht. Sie hat das gut gemeint, aber vor allem der letzte Satz hat mich wirklich verletzt. Die Mail kam in der Woche der Suizidprävention – irgendwie makaber!

 

Bildnachweis: 416617_original_R_K_B_by_Rainer Sturm_pixelio.de

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Gedanken zu Kontaktproblemen

Ich habe vor kurzem einen Artikel von einer anderen Frau gelesen, die wegen ihrer chronischen Erkrankung Schwierigkeiten hat, Freundschaften aufrecht zu erhalten. Was sie schrieb, passte zwar nicht genau auf mich, aber ich habe mir Gedanken über das Thema Kontakte gemacht. 

 

Ich hatte schon immer Schwierigkeiten, Freundschaften einzugehen und zu behalten. Aber seit ich chronisch krank bin, habe ich eigentlich gar keine Freunde und Bekannten mehr. Das liegt nicht nur daran, dass ich nicht „mithalten“ kann: ich erlebe nichts, habe keinen Beruf, keinen Partner oder großartigen Hobbys. Da fehlen einfach die Gesprächsthemen. 

 

Aber darüber hinaus gibt es auch noch ein paar andere Faktoren, die es mir sehr schwer machen, Kontakte zu pflegen. 

 

Meine Konzentrationsfähigkeit ist mangelhaft. Neulich hat meine neue ambulante Betreuerin mir von einem Tag in der Falknerei im Wildpark erzählt. Eigentlich ein voll spannendes Thema! Vielleicht sprach sie ein bisschen zu schnell, vielleicht war es „too much information“, jedenfalls konnte ich ihr überhaupt nicht mehr folgen und habe nur noch bruchstückhafte Erinnerungen. Irgendwann meinte sie, ich solle Bescheid sagen, wenn ich nicht mehr kann und ich brauchte wohl einige Zeit bis ich die Frage überhaupt verstand und sagen konnte, dass es mir reicht; schade eigentlich.

 

Hin und wieder bekomme ich Besuch von meinem Stiefbruder und seiner Freundin, die ich beide mag. Wenn er Geschichten aus seinem Alltag erzählt, ist das mehr oder weniger spannend. Letztes Mal war ich überzeugt, dass ich ihn während er sprach anlächelte. Aber er sagte hinterher zu meiner Mutter, dass er ganz verunsichert war, weil ich so ausdruckslos und abwesend geguckt habe. Das zum Thema Fremd- und Selbstwahrnehmung.

 

Manche Geschichten aus dem Alltag machen mich einfach nur traurig. Es gibt so viele Dinge, die ich so gerne selber machen würde, z. B. im Wald spazieren gehen, an die Elbe fahren, Eis essen gehen, Kino …. Es ist total frustrierend, jemandem zuzuhören, der davon erzählt, aber auf der anderen Seite ist das mein Fenster zur Welt und ich will auch hören, was da draußen so vor sich geht. In solchen Momenten wird mir schmerzlich bewusst, dass ich 24 Stunden ans Bett gefesselt bin und es momentan nicht so aussieht, als ob sich daran jemals was ändern wird. 

 

In gewisser Weise bin ich egozentrisch! Ich meine damit, dass ich so wenig Kraft habe, dass ich mich nur um das kümmern kann, was mich selbst ganz direkt betrifft. Ich interessiere mich zwar für Politik, Klima, Menschenrechte etc., aber da bin ich nur passiv beteiligt. Ich habe überhaupt keinen Nerv für Themen, die in meiner Skala von Wichtigkeit ganz unten stehen. Für mich ist es einfach trivial, dass Urlaubsreisen, Partys und Shopping etc. wegen Corona gerade nicht möglich sind. Für manche Leute ist das sicherlich total wichtig, aber wenn mir jemand davon vorjammert, habe ich dafür kein Verständnis. Triviale Themen sind der Hauptinhalt von Small Talk jeder Art und damit kann ich überhaupt nichts anfangen.

 

Probleme, Sorgen und Schmerzen von anderen Menschen in meinem direkten Umfeld lasse ich überhaupt nicht an mich herankommen. Nicht deswegen, weil mir Menschen generell egal sind, sondern weil mich das Leid anderer komplett überfordert. Es sieht dann so aus, als ob ich total unempathisch wäre, aber es ist nur Selbstschutz. Ich bin generell hochsensibel: wenn mir jemand von Leid und Schmerzen erzählt, dann fühle ich den Schmerz noch zusätzlich zu meinem Packet und das übersteigt meine Kapazität. Da baue ich lieber eine Mauer, was aber natürlich den Kontakt zu Menschen noch mehr erschwert. Deshalb habe ich auch kaum Kontakt zu anderen Betroffenen. Eigentlich wäre es ja ganz gut, sich mit Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind, auszutauschen und sich vielleicht auch gegenseitig zu helfen. Das gelingt mir ausschließlich, wenn es um ganz sachliche, nüchterne Fragen geht, dann kann ich anderen mit Tipps und Ratschlägen helfen, aber sobald Emotionen beteiligt sind, bin ich raus.

Allerdings kann ich viele Dokumentationen über Krankheiten, Behandlungsmethoden und Lebensgeschichten sehen. Die Personen, um die es da geht, sind weit weg und niemand erwartet eine Reaktion von mir. 

 

Beim direkten Kontakt über Facebook, Mails und Co zu anderen Betroffenen kommt noch eine Schwierigkeit dazu. Wenn ihr meine Artikel lest, denkt ihr vielleicht, dass ich mit dem Schreiben und Formulieren gut klarkomme und dass es mir leichtfällt. Das ist aber leider gar nicht so. So ein Blogartikel ist immer Teamwork von meiner Mutter und mir. Meistens habe ich eine Idee und ein paar wirre Gedanken im Kopf. Dann bitte ich meine Mutter, mir zu helfen, ganze und verständliche Sätze daraus zu bilden. Wir feilen dann gemeinsam an dem Text, um sicherzugehen, dass meine Mutter meine Gedanken richtig übersetzt. Ohne diese Hilfe würde es meine Webseite nicht geben. Mit E-Mails und Facebook Messenger Chats ist das ganz ähnlich. Sogar mit Menschen, die ich von „früher“ kenne, schaffe ich es nicht, selbstständig und allein zu kommunizieren. Mir einfach nicht zu helfen, würde bedeuten, dass keinerlei Kontakt oder Fortschritt stattfinden würde. „Einfach mal alleine machen lassen“ funktioniert einfach nicht. 

 

Das Beantworten von Mails ist jedes Mal eine größere Aktion. Erstmal freue ich mich über jede Zuschrift. Zuerst überlege ich lange, ob ich den Inhalt richtig verstanden habe. Wenn ich dann mit Hilfe meiner Mutter dabei bin eine Antwort zu formulieren, diskutieren wir lange über jedes Wort, was für uns beide manchmal sehr anstrengend ist. (Ja wir haben gerade 15 Minuten diskutiert, wie es weiter geht.) Wenn ich dann noch zu allem Überfluss einen Smiley einfügen möchte, dauert auch diese Entscheidung ewig. Letztens habe ich 20 Minuten gebraucht zu entscheiden ob ein rotes oder ein grünes Herz angemessener ist.

 

Social Distancing ist ja gerade ein beherrschendes Thema, aber für mich bedeutet das nochmal ganz was anderes. Ich fühle mich oft einsam und habe auf der einen Seite schon das Bedürfnis nach Menschen, aber auf der anderen Seite ist das, was ich hier beschrieben habe, so erschwerend, dass ich mir denke, dass mir das alles viel zu anstrengend ist. Mein Lebensraum ist winzig und die Mauern sind viel zu hoch. Ich wünsche mir sehr, mehr Kapazität und Kraft zu haben, um daran arbeiten zu können, Türen zu öffnen.

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Neue Hilfsmittel und Behandlung

Nach vielen Monaten gab es endlich mal wieder etwas Bewegung in meinem Alltag, wenn man einen 20-minütigen Termin als Bewegung sehen kann. Naja, wie auch immer es gibt ein paar Neuigkeiten, die ich mitteilen wollte.

 

Seit 2018 stehe ich ja komplett ohne Psychotherapie da, auf einen Hausbesuch von meinem Psychiater warte ich auch schon seit zwei Jahren und andere Fachärzte habe ich auch keine. Ein bis zweimal im Jahr kommt meine Hausärztin zu mir nach Hause, um meine Blutwerte zu testen. Das Highlight meiner Woche ist, wenn meine Physiotherapeutin zum Hausbesuch kommt, um meine Beine durchzubewegen. Meine Mutter und ich haben ja aber trotzdem nie richtig aufgegeben und haben immer nach anderen auch alternativen Behandlungsmethoden gesucht und auch in Anspruch genommen. 

 

Mein letzter Versuch war es, mit CBD Kapseln und Liquid zum Verdampfen irgendeine Wirkung zu erzielen. Einen wirklichen Unterschied meiner Gemütslage haben wir damit nicht bemerkt. Die entspannende Wirkung, die oft beschrieben wird, trat bei mir nicht ein. Aber was sich möglicherweise durch das CBD verbessert hat, ist die Streckspastik in meinen Beinen. Die war in den letzten Wochen zwar noch deutlich vorhanden, aber nicht mehr ganz so extrem. Bei einer Streckspastik verkrampfen sich ganz plötzlich die Muskeln in meinem Bein, sodass es sich komplett durchstreckt. Das ist sehr unangenehm und schmerzhaft. 

 

Mittlerweile bin ich nun für meine Schmerzbehandlung bei Akupunktur nach Chinesischer Medizin angelangt. Vor zwei Wochen gab es ein erstes Kennenlern-Gespräch mit einer Heilpraktikerin. Daraufhin hat die Heilpraktikerin sich mit Kollegen besprochen und einen Behandlungsplan mit mehreren anthroposophischen Medikamenten vorgeschlagen. Gestern bekam ich wieder einen Hausbesuch von ihr und sie hat mir erstmal zum Warmwerden in einer Hand eine Akupunkturnadel gesetzt. Plan ist es, in Händen und Füßen Nadeln zu setzen, aber für den ersten richtigen Termin war das erstmal genug. Die Termine werden wir so fortführen und ich hoffe auf das Beste.

 

Morgen bekomme ich sogar noch einen Besuch von meiner neuen ambulanten Betreuerin. Ja! Es hat geklappt, mein Antrag auf Eingliederungshilfe wurde genehmigt und ich habe endlich wieder mal jemanden zum „Reden“ (Ich bin stumm, aber kommunizieren hört sich blöd an). Durch Corona konnten wir erstmal nur per Mail schreiben, was für mich sehr schwierig ist. Die ersten zwei Mails von ihr hörten sich aber sehr freundlich und passend an. Meine letzte ambulante Betreuerin über die Eingliederungshilfe ging 2017 und seitdem gab es keine ABW. Zwischendurch hatten wir einen großen Streit mit dem Landkreis und mir wurde jegliche Eingliederungshilfe verweigert, aber nun endlich hat es wieder nach einem Personalwechsel geklappt. Zuerst wird meine Mutter noch bei den Terminen dabeibleiben, bis ich mich sicher genug fühle und die Frau mir nicht mehr ganz so fremd ist. Weil generell meine Aufmerksamkeit bei Gesprächen nicht lange durchhält, werden wir erstmal einmal in der Woche kurze Termine machen. Und dann schauen wir mal wie‘s weiter geht und ob überhaupt die Sympathie stimmt. Aber zumindest habe ich die Aussicht, mit einer weiteren Person als nur mit meiner Mutter regelmäßig über Probleme und den Alltag reden zu können.

 

Oben hatte ich ja geschrieben, dass meine Physiotherapeutin einmal die Woche zu mir kommt. Sie ist die einzige, die meinen Zustand momentan regelmäßig sieht und die mich körperlich einschätzen kann. Von ihr haben wir den Tipp bekommen, einen Lymphomat zu beantragen. Das ist eine maschinelle Lymphdrainagentherapie. Die Beine werden in ein Schlauchsystem mit Luftkammern gelegt. Diese pumpen sich auf und führen eine massierende Bewegung von unten nach oben über das Bein durch. Dicke Beine durch Wasseransammlung vor allem im Sommer, kennen wahrscheinlich ziemlich viele Menschen. Durch die Inaktivität meines Körpers und speziell der Beine ist die Durchblutung und Zirkulation in meinem Körper sehr schlecht. Dadurch staut sich in meinen Beinen und Füßen sehr viel Lymphflüssigkeit an, was zu dicken Beinen führt. Um einen Dekubitis oder offene Wunden an den Beinen zu verhindern, brauche ich eigentlich Lymphdrainage. Das wird durch eine leichte Massage gemacht, was leider bei mir nicht geht, weil dabei Körperregionen angefasst werden müssen, die ein No-Go sind. Meine Physio hatte schonmal versucht meine Beine eng zu wickeln, aber das klappte auch nicht gut und meine Füße sind so schmerzempfindlich, dass wir keinen Kompressionsstrumpf drüber bekommen können. Also gab sie uns den Tipp, einen Lymphomat zu beantragen. Eine Beraterin vom Sanitätshaus kam und wir testeten, welches Produkt funktioniert. Danach haben wir einen Lymphomat ohne Fußteil bei der Krankenkasse beantragt, die daraufhin sofort ablehnte. Was auch sonst! Wir mussten lange auf eine Stellungnahme von meiner Hausärztin warten und meine Physiotherapeutin hat auch eine Stellungnahme geschrieben. Heute bekam ich Post, dass der Widerspruch angekommen sei, aber der MDK das noch prüfen müsse. Ich war schon mega sauer! Aber kurz darauf bekam ich eine Nachricht von meiner gesetzlichen Betreuerin, dass das Teil doch genehmigt wurde. Puh!!! Hoffentlich wird das Teil schnell geliefert. Ich hoffe sehr, dass der Lymphomat etwas bringt und dadurch Schmerzen an den Beinen gelindert werden können.

 

Zu meinem E-Rollstuhl gibt es noch keine Neuigkeiten. Bei der Krankenkasse warten wir auf den Widerspruchsausschuss, der nochmal über den Widerspruch entscheiden muss. Außerdem haben wir beim Landkreis den E-Rollstuhl als wichtiges Mittel zur Teilhabe beantragt. Auf jeden Fall wird es noch lange dauern, bis eine endgültige Entscheidung getroffen wird. Ich bin ja geduldig.

 

Schon vor einiger Zeit hatten wir bei meiner Krankenkasse ein Pflegebett bestellt. Die Krankenkasse wollte mir aber nur ein 90 cm breites Bett bewilligen. Das habe ich abgelehnt, da ich nicht wollte, dass sich mein Lebensraum von 140x200 cm auf 90x200 cm verkleinert. Die Krankenkasse ließ aber nicht mit sich reden und ich habe mich strikt geweigert meinen Lebensraum zu verlieren. Also arrangierten wir uns weiterhin mit meinem alten Bett, was aber für meine Mutter und mich immer schwieriger wurde, weil es für mich als bettlägerige Person einfach nicht geeignet war. Mit der Zeit wurde aber immer deutlicher, dass ich ein neues Bett brauchte. Also schenkte mir meine Mutter ein neues 140ger Bett, das extra hoch ist, damit meine Mutter besser rankommt und sich nicht ständig bücken muss. Zusätzlich hat das Bett einen elektrisch verstellbaren Lattenrost. Es kam diese Woche und ich freue mich sehr darüber. Jetzt musste mein Schlafzimmer etwas umgestellt werden, was für mich erstmal Stress bedeutet, weil ich ein strukturiertes, aufgeräumtes Zimmer ohne viele Reize brauche. Diese Woche haben wir damit verbracht, zu organisieren, was wohin gehört und was ich in erreichbarer Nähe brauche und wo ich Dinge ablegen kann. Aber mittlerweile haben meine Mutter und ich das ganz gut im Griff. Der Lattenrost lässt sich wie ein normales Pflegebett im Kopf und Fußteil verstellen, sodass ich tagsüber immer mal wieder meine Sitzposition verändern kann, das ist sehr angenehm. Danke Mama!

 

Also zusammengefasst gab es einiges Erfreuliches (soweit sich jemand mit einer schweren Depression freuen kann). Ich bin gespannt ob und wie die geplanten Behandlungen anschlagen und wie das mit der neuen ambulanten Betreuerin wird. Und ich hoffe natürlich immer noch, dass ich einen E-Rollstuhl bekomme, um auch mal mein Bett verlassen zu können. Im Februar 2021 habe ich einen ersten Vorstellungstermin bei einer neuen Psychiaterin, bis dahin MUSS der E-Rollstuhl da sein! 

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Ablehnung vom E-Rollstuhl

Ende April 2020 habe ich auf meiner Facebook-Seite zwei kurze emotionale Updates zu meinem Antrag auf einen E-Rollstuhl gepostet. Der Vollständigkeit halber kopiere ich diese hier auf meinen Blog.

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Zahnarzt - Teil II

Hier kommt nun der angekündigte nächste Teil der Zahnarzt Saga.

 

Den letzten Blogartikel haben wir mit ziemlich viel Unsicherheit wie es weiter geht beendet. Am Tag nachdem ich den Artikel veröffentlicht hatte, gab es wieder zwischen uns und der Zahnarztpraxis und der Anästhesistin mehrere Telefonate. Das Ganze endete damit, dass die Anästhesistin ihr Angebot, dass wir zu ihr in die Praxisklinik kommen können, zurückzog. 

 

Wir mussten also ganz von vorne anfangen.

 

Die Aufgabe war, eine Praxis oder Zahnklinik zu finden, die normale Zahnbehandlungen unter Vollnarkose durchführt, die nicht nur rollstuhlgerecht, sondern auch mit einem Liegendtransport erreichbar und befahrbar ist. Außerdem mussten wir jemanden finden der/die nicht nach Schema F arbeitet, sondern bereit ist, sich auf mich einzustellen.

 

Meine Mutter hängte sich also gleich wieder ans Telefon. In einer Facebook-Gruppe für Pflegende Angehörige fragte sie nach Tipps und bekam auch ganz viele Rückmeldungen. Viele rieten, wir sollten doch in die nächstgelegene Zahnklinik fahren. Alle Praxen im Umkreis von 50 km, die meine Mutter anrief, meinten, sie wären für so eine Behandlung nicht ausgestattet. Die Zahnkliniken, u. A. auch die Universitätsklinik in Hamburg, machen Zahnbehandlungen und Vollnarkose nur für Kinder. Bei Erwachsenen gibt es nur Kieferorthopädische Eingriffe unter Narkose. Eine andere Zahnklinik an einem Krankenhaus erweckte zuerst den Anschein, als ob sie meine Behandlung übernehmen könnten, aber nach 14 Tagen und nachdem wir alle nötigen Unterlagen eingereicht hatten fiel denen auf, dass sie ja auch gar keine Zahnbehandlungen an Erwachsenen machen, sondern nur Operationen. Die Corona-Krise kam natürlich jetzt noch erschwerend dazu. Krankenhäuser sind überlastet und viele Zahnärzte machen nur noch die allernotwendigsten Behandlungen. Bei der Zahnklinik hat das leider dazu geführt, dass meine alten Röntgenbilder nicht mehr auffindbar sind.

 

Das Drama mit der ersten Praxis und die vielen Absagen zerrten doch sehr am Nervenkostüm meiner Mutter, sodass sie nicht mehr in der Lage war, sachlich und professionell zu telefonieren. Für solche Fälle habe ich ja auch noch eine gesetzliche Betreuerin, die wir dann gebeten haben, uns zu unterstützen. Leider konnte sie auch nicht wirklich was ausrichten. 

 

Von einer Praxis, die absagte, bekamen wir den Tipp, uns bei einem Zahnarzt zu melden, der ca. eine Stunde von uns entfernt praktiziert. Beinahe hätte meine Mutter da gar nicht angerufen, weil er keine Webseite hat. Aber nachdem ich gedrängt hatte es trotzdem zu versuchen, landeten wir endlich bei einem Arzt, der viel mit Kindern und behinderten Menschen arbeitet und eben nicht nach Schema F vorgeht.

 

Dieser Zahnarzt bot von sich aus an, zu einem Vorgespräch zu mir nach Hause zu kommen. Unglaublich! Ein paar Tage später bekam ich dann tatsächlich Besuch von ihm. Ich war angenehm überrascht, dass er meine Grenzen absolut respektierte. Er fragte mich z. B., ob er in meinen Mund schauen dürfe und respektierte mein „Nein“ ohne weiteres Drängen. Das habe ich so noch nie erlebt! Oft ist es ja so, dass Ärzte nochmal nachhaken und versuchen mich zu überreden: „Ist doch gar nicht schlimm! Tut doch gar nicht weh!“. Als wir erklärten, warum eine normale Röntgenaufnahme nicht möglich ist, hat er auch das ohne Diskussion akzeptiert und wir konnten gemeinsam eine andere Lösung besprechen. Und es kommt noch besser, denn der Narkosetermin ist in spätestens vier Wochen. (Bei meiner Glückssträhne glaub ich das aber erst wenn die Spritze sitzt.)

 

Falls hier jemand mit ähnlichen Problemen diesen Artikel liest und im Raum Hamburg/Bremen wohnt, kann ich gerne per E-Mail oder auf Facebook als PN Kontaktdaten weitergeben.

 

Der dritte Teil der Zahnarzt Saga folgt, wenn es denn auch wirklich geklappt hat. *Daumen drück*

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Mit Behinderung zum Zahnarzt

Eigentlich hatte ich diesen Blogartikel ganz anders geplant. Ich wollte einen ersten informativen Teil schreiben, wie wir an eine Zahnarztpraxis gekommen sind, die behinderte Menschen unter Vollnarkose behandelt, unter welchen Umständen die Narkose von der Krankenkasse übernommen wird und wie unsere weitere Vorbereitung verlaufen ist. Und im zweiten Teil wollte ich von meinem super gut geplanten und abgesprochenen Zahnarzttermin inklusive Liegendtransport im Krankenwagen und der erfolgreichen Behandlung berichten. Nun hat jedoch wieder Murphys Gesetz „Was schiefgehen kann, wird schiefgehen“ volle Breitseite zugeschlagen. Familie Kraus hat einfach das Pech gepachtet: Mit einer mir uneinsichtigen Begründung, dass ich aufgrund meiner Behinderung nicht zu händeln sei, wurde sechs Tage vor dem eigentlichen Termin die Behandlung verweigert, obwohl ich drei Monate darauf gewartet hatte und vorher alles in der Praxis persönlich abgesprochen war. Ich musste den Plan für diesen Artikel also nochmal überdenken. 

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Mein Alltag auf 140 x 200 cm

Zum Jahreswechsel zieht alle Welt Bilanz, wie das vergangene Jahr so gewesen ist und welche Wünsche man für das kommende Jahr hat. Mein 2019 war sicher alles andere als gut, aber eines hat sich auf jeden Fall verbessert. Nachdem wir einige Experimente mit einem Pflegedienst und anderen Betreuerinnen gemacht haben, hat mich meine Mutter seit Ostern 2018 ganz allein gepflegt und betreut. Keine von uns beiden findet das optimal, wir sind viel zu sehr von einander abhängig. Der Vorteil dieser Lösung ist aber, dass es für mich kaum Aufregung und Reize gibt, die dann Krampfanfälle und andere dissoziative Zustände auslösen.

 

Unser Alltag ist sehr gleichförmig: 

  • Ich schlafe bis mittags und meine Mutter arbeitet vormittags meist ungestört im Büro.
  • Von ungefähr 12 bis 15 Uhr macht sie Mittagspause und versorgt mich in der Zeit (Toilette, Anziehen, Essen, Gespräche).
  • Von 15 bis 18 Uhr bin ich alleine in meiner Wohnung. Ich sitze mit Hilfe von Lagerungskissen in meinem Bett und habe alles, was ich brauche, in Reichweite auf meiner Matratze. Ich beschäftige mich z. B. mit Netflix, PC oder Playstation Spielen, höre Hörbücher oder schaue Internetvideos. Während dieser Zeit kann meine Mutter nochmal ins Büro gehen.
  • Wenn sie Feierabend hat, kauft sie noch kurz ein und kommt dann wieder zu mir. Dann bringt sie mich zum zweiten Mal ins Bad und macht Abendessen. Manchmal verbringen wir den Abend gemeinsam, aber meistens macht jede ihr eigenes Ding.
  • Gegen 23 Uhr werde ich zum letzten Mal ins Bad gebracht und meine Mutter hilft mir, mich bettfertig zu machen. Sie geht dann schlafen und ich bin noch bis 3 oder 4 Uhr wach, damit ich wieder bis mittags schlafen kann, damit meine Mutter den vormittag ungestört arbeiten kann.
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Zweimal Bielefeld und zurück

In der letzten Zeit habe ich nicht viel Persönliches in meinem Blog geschrieben. Auf meiner Facebookseite gab es immer mal kurze Updates, aber heute will ich mal wieder ein bisschen mehr erzählen. 

 

Schon im letzten Jahr haben wir eine Klinik gefunden, in der ich endlich mal neurologisch untersucht werden kann. Es war erstaunlich schwer ein Krankenhaus zu finden, das ein MRT unter Vollnarkose macht. Vor drei Jahren habe ich schonmal ein MRT versucht, aber auch mit starker Sedierung war meine Klaustrophobie zu stark. 

 

Im April war es nun endlich so weit. Mit meiner Mutter, Judith und meiner beinahe Schwägerin fuhren wir nach Bielefeld. Autofahren ist mittlerweile echt schwierig geworden; mich überraschte es selber wie wenig Stabilität mein Rücken hat. Bei jeder Kurve und bei jedem Bremsen kippte ich einfach mit um. Wir haben mich dann zu allen Seiten mit Kissen abgepolstert. Nach über drei Stunden waren wir dann endlich angekommen. Das Krankenhaus hat eine Abteilung für Behindertenmedizin. Da werden Menschen mit unterschiedlichsten Behinderungen behandelt. Weil eben alle Patienten ganz unterschiedliche Einschränkungen haben, sind dort alle Ärzte/innen und Pfleger/innen besonders geduldig und bereit sich auf speziellere Bedürfnisse einzustellen. Es wurde sogar ein Zettel an meine Zimmertür gehängt, auf dem z. B. draufstand „nur nach Klopfen eintreten“. Außerdem ist dort viel mehr Pflegepersonal da, als auf herkömmlichen Stationen. Trotzdem hatte ich viel Angst vor dem Unbekannten. Judith war zum Glück als meine Begleitperson die ganze Zeit bei mir.

 

Als wir ankamen wurde gleich eine Aufnahmeuntersuchung gemacht. Blutdruck messen und Blut abnehmen klappte noch ganz gut. Aber dann sollte ein EKG gemacht werden. Dazu müssen ja Elektroden auf die Haut im Brustbereich aufgeklebt werden. Dass Leute mich im Brustbereich anfassen ist für mich ein absolutes NoGo. Die Krankenschwester war eigentlich super nett, versuchte aber, mich zu überreden und mir zu erklären, dass das ja gar nicht weh tut. Dabei ging sie einen Schritt zu weit und prompt überfiel mich ein Krampfanfall.  Natürlich ist das immer scheiße, aber zumindest haben Ärzte und Schwestern mich so gesehen und sich selbst davon überzeugen können, dass der Ablauf wirklich genau so ist, wie ich das immer beschreibe und das ich und auch meine Mutter meine Grenzen genau kennen und „Nein“ wirklich „Nein“ heißt. Den Anfall haben wir dann im Untersuchungszimmer ausgesessen. Der Tag war gelaufen. 

 

Am nächsten Tag war der Neurologe da, der zuerst mit uns lange geredet hat und mich auch körperlich untersucht hat. Er nahm sich wirklich viel Zeit und war sehr bedacht im Umgang. Er ordnete das MRT und eine Messung der Nervenbahnen vom Gehirn in die Beine an.

Am dritten Tag sollte es eigentlich ein Gespräch mit einem Psychiater geben, das aber von seiner Seite abgesagt wurde, weil sein Spezialgebiet nur Psychiatrische Erkrankungen bei geistig behinderten Menschen ist. Aber weil ich ja geistig, außer in dissoziativen Zuständen, völlig fit bin, sah er sich als nicht zuständig an. Der Termin fiel also aus. Gegen Mittag kam die Oberärztin zu uns aufs Zimmer und erklärte recht verlegen, dass das MRT, das für den folgenden Tag geplant war, auch ausfallen müsste, weil das Gerät kaputt sei. Eine Reparatur wäre kurzfristig auch nicht möglich, also müsste es bei einem weiteren Aufenthalt nachgeholt werden. Die Messung der Nervenbahnen haben wir dann auch auf das nächste Mal verlegt und sind noch am selben Tag nach Hause gefahren.

 

Genau einen Monat später haben wir uns wieder auf den Weg nach Bielefeld gemacht. Diesmal waren wir schon etwas beruhigter, weil wir ja schon wussten, was uns erwartet und dass alle Mitarbeiter dort wirklich nett und hilfsbereit sind. Wieder die gleiche Aufnahmeprozedur, nur ohne EKG Versuch. Gleich am Aufnahmetag hatte ich ein langes Gespräch mit einer Assistenzärztin und später noch ein Vorbereitungsgespräch mit der Anästhesistin wegen der Vollnarkose. Die beiden gaben mir wirklich das Gefühl, dass ich ernst genommen werde und dass sie sich bemühen, das Ganze für mich so schonend wie möglich zu gestalten. 

 

Am zweiten Tag sollte dann das „große Ereignis“ MRT stattfinden. Dafür musste ich mit einem Krankenwagen in ein anderes Haus gebracht werden. Das war natürlich schon eine riesen Herausforderung. Damit ich das besser verkrafte bekam ich eine halbe Stunde vorher ein Beruhigungsmittel verabreicht. Die Schwester guckte mich mit großen Augen an als sie mich fragte ob ich mich denn schon müde fühle… äh nein Beruhigungsmedikamente haben bei mir noch nie gewirkt, aber trotzdem Danke für den Versuch. Dann kam das Transportteam und mit vereinten Kräften haben vier Leute versucht, mich mit einem Rolltuch vom Bett auf die Trage zu bugsieren. Zu viele Leute, zu viel anfassen, zu viel Action, alles ging so schnell… da war ich auch schon weg. Bevor ich von der Bildfläche verschwand, war ich kurz davor anzufangen zu krampfen, ich merkte schon wie meine Arme in die Position gingen. Das Positive war dann aber, dass es nicht in den Krampf ging, sondern ich noch rechtzeitig von Lea, einer Innenperson von uns abgelöst wurde. Kleine Anmerkung: ich schreibe eigentlich nie öffentlich über Innies, aber Lea hat sich selber öffentlich schon einige Male gezeigt. Lea ist jugendlich und in jeder Hinsicht stärker als ich. Keiner von uns kann zwar mehr gehen, aber Lea kann z. B. sich ohne Hilfe umsetzen. Außerdem kann sie ganz normal laut sprechen und hat auch keine Angst vor Menschen. Weil sie einer der Innies mit der höchsten Alltagskompetenz ist, hatte sie die Aufgabe bekommen die Untersuchungen zu übernehmen. Alles was passierte während Lea da war, habe ich natürlich nicht mitgekriegt, sondern es wurde mir hinterher von Judith erzählt.

Nunja, Lea fuhr also mit Judith rüber in das andere Krankenhaus. Die Fahrt, das Warten und die Einleitung in die Narkose hat sie sehr gut hinbekommen. Das Aufwachen war dann wohl ziemlich schwierig. Wir nehmen an, dass es ein ziemliches Multichaos mit viel Verwirrung und Angst gab. Bis ich dann wirklich wach geworden bin, dauerte es ziemlich lange. Das war für uns alle heftig verwirrend. Das Letzte was ich ja mitgekriegt hatte, war das Umsetzen in meinem Krankenzimmer und dann im Aufwachraum einer anderen Klinik aufzuwachen war beängstigend. 

 

Am nächsten Tag sollte die Untersuchung der Nervenleitbahnen sein. Dazu musste ich wieder in die andere Klinik. Ich hatte sehr dolle Panik davor und wollte eigentlich zuerst alles absagen. Habe dann aber doch zugestimmt, die Untersuchung war mir ja auch wichtig. Also wieder das Ganze von vorne: Beruhigungstablette, die nicht wirkt, Transportteam kommt, aber diesmal waren wir schlauer. Judith hat alle rausgeschickt und hat mich mit dem Patientenlifter auf die Transportliege gesetzt. Die Fahrt mit dem Krankenwagen habe ich dissoziiert überlebt. Im anderen Krankenhaus mussten wir durch etliche Flure fahren bis wir in der Neurologie ankamen. Dort noch ein bisschen warten. Das war mir dann wieder zu viel und war dann wieder weg vom Fenster. Die Untersuchung an sich ist nicht angenehm, die Nervenleitbahnen in den Beinen werden mit Stromstößen getestet. Das tut ungefähr so weh, wie wenn man einen Weidezaun anfasst. Eigentlich nicht schlimm, aber nicht alle Innies können verstehen, dass das jetzt notwendig ist und keine böse Absicht hinter dem Schmerz steht. Manche von uns reagieren bei körperlichem Schmerz sehr heftig. Die Untersuchung hat das ganze System ziemlich aufgeschreckt, sodass es viele schnelle Wechsel gab, bis Lea wieder etwas Ruhe reingebracht und die Situation gerettet hat. Lea war auch ein bisschen verstört, weil das Letzte was sie mitbekommen hatte, war am Vortag die Einleitung der Narkose gewesen. Und nun saß sie in einem Untersuchungsraum mit Elektroden an den Beinen. Aber sie hat die Untersuchung cool zu Ende gebracht und durfte dann zur Belohnung mit den Krankenwagenfahrerinnen eine Zigarettenpause machen. Die Tests waren alle völlig unauffällig, die Nerven sind also alle ok.

 

Als wir wieder zurück im Krankenzimmer waren, brachte uns die Oberärztin das Ergebnis vom MRT. Sie sagte, dass darauf eine Auffälligkeit gefunden wurde, die sie als Internistin aber nicht interpretieren könnte. Das müsste der Neurologe übernehmen, der sei aber erst in der nächsten Woche wieder im Haus. So fuhr Judith immer noch mit Lea an dem Tag nach Hause. Auf der Autobahn habe ich den Schreck meines Lebens bekommen als ich bei 150 km/h plötzlich wieder da war.

 

Die Oberärztin rief uns ein paar Tage später an, sie hatte mit dem Neurologen gesprochen, der noch mit der Neuroradiologie besprechen wollte, welche weiteren Tests nötig sind. Denn die Auffälligkeit könnte auf eine entzündliche Erkrankung schließen lassen.

Nun warten wir auf einen weiteren Anruf, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Falls der Neurologe meint, dass dem nachgegangen werden sollte, müssen wir nochmal dort antreten.

 

Das hört sich jetzt wahrscheinlich blöd an, wenn ich sage, dass ich mich freue, dass was gefunden wurde! Für viele körperliche Erkrankungen gibt es Behandlungsmethoden, die vielleicht dazu beitragen, dass ich wieder auf die Füße komme. Es ist alles noch sehr unklar und das Warten ist natürlich doof, aber vielleicht entsteht ja die Möglichkeit einer Heilung oder zumindest Verbesserung der körperlichen Symptome. Denn wenn ich körperlich fitter wäre, könnte ich auch leichter an Psychotherapie rankommen. Es bleibt spannend. 

 

P.S.

Das Highlight der Woche: Judith hat nun endlich einen Pflegedienst gefunden, der über die Entlastungsleistungen der Pflegekasse meine Wohnung reinigt. Judith hat lange gesucht, aber hier in der Gegend hatten die Pflegedienste immer keine Kapazitäten frei. Als sie es bei dem letzten Pflegeberatungsgespräch ansprach, meinte die Beraterin, dass ihr Dienst das sofort regeln könnte. Nun kommt alle zwei Wochen eine Haushaltshilfe für zwei Stunden. 

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Klare Worte erleichtern den Umgang

Ein Beitrag von Judith, aus der Sicht der Angehörigen.

 

„Meine Tochter ist psychisch krank“ Dieser Satz, zu Außenstehenden gesagt, öffnet beim Empfänger der Botschaft das Kopfkino, gefüttert von den Medien. Eine Psychisch kranke Mutter ersticht ihre Kinder im Schlaf, ein psychisch kranker Jugendlicher begeht einen Amoklauf an seiner Schule, ein psychisch kranker Torwart wirft sich vor den Zug. Dieser Sammelbegriff „psychisch krank“ ist völlig ungreifbar, macht unsicher, macht Angst und macht hilflos. Psychisch Kranke, das sind Menschen, die außerhalb der Normalwelt stehen. Deshalb bemühe ich mich, diesen Begriff nicht mehr zu verwenden.

 

Es gibt so viele verschiedene seelische Krankheiten und Auffälligkeiten. Organische Erkrankungen, Suchterkrankungen, Schizophrenie und wahnhafte Störungen, affektive Störungen, Persönlichkeitsstörungen, Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen und einige mehr. Keine dieser Erkrankungen ist wie die andere, alle haben unterschiedliche Auslöser, Verläufe und Symptome. Warum werden alle in einen Topf geworfen? Genauso gut könnte man sagen: „mein Vater hat eine Erkrankung der Atemwege“, ohne zu erklären, ob es eine Nasennebenhöhlenentzündung oder Lungenkrebs ist. Jeder würde nachfragen, was es denn genau ist!

 

Ich denke, vor dem Unbekannten hat man immer am meisten Angst. Wenn ich von einem Menschen nur weiß, dass er „psychisch krank“ ist, dann bin ich unsicher. Ist der Mensch vielleicht gefährlich? Wird er leicht aggressiv? Setzt er seine Suizidgedanken in die Tat um, wenn ich ihn unabsichtlich verletze? Kann er einem Gespräch überhaupt folgen oder lebt er in einer Phantasiewelt? 

 

In der Zeitung lesen wir von grausamen Verbrechen, die Psychisch Kranke begangen haben. Im Kino sehen wir Filme, in denen psychische Erkrankungen völlig überzogen dargestellt werden (natürlich gibt es auch hier Ausnahmen und wirklich gute Filme). Aber was wirklich fehlt, ist Aufklärung über verschiedene Krankheitsbilder und nicht nur Sensationsjournalismus über die spektakulärsten Fälle. Und was es vor allem braucht, ist ein offener Umgang mit der Krankheit. Gerade heute wurde ich gefragt, ob ich das Gefühl habe, dass ich als Angehörige oder meine kranke Tochter stigmatisiert oder ausgegrenzt wird. Nein, das Gefühl habe ich gar nicht. Ich erlebe immer wieder, dass Menschen, denen ich von meiner Situation und der besonderen Krankheit meiner Tochter erzähle, zugewandt, interessiert und äußerst entgegenkommend und hilfsbereit sind. Ob das bei der Arbeit ist, in der Nachbarschaft oder im Freundeskreis. Natürlich versuche ich, Johannas sehr komplexe Erkrankung so vereinfacht zu erklären, dass auch Leute, die noch nie mit dem Thema in Berührung gekommen sind, etwas darunter vorstellen können. Die Reaktion ist meistens Erstaunen und Verwunderung, natürlich auch ein Stück Hilflosigkeit, aber dann habe ich auch immer das Gefühl, dass ich Verständnis bekomme. Bisher habe ich nur gute Erfahrungen mit meiner Strategie gemacht, offen mit der Erkrankung umzugehen. Und letztlich erfahre ich auch immer wieder, dass andere Leute auch einen Angehörigen oder Freund/in mit einer der vielen verschiedenen psychischen Erkrankungen haben. Wenn ich dann höre: „meine Schwester hat eine bipolare Störung“ oder „meine Mutter ist depressiv“, dann kann ich mir etwas darunter vorstellen. Unter dem Sammelbegriff „…ist psychisch krank“ nicht.

 

Wenn ich eine Selbsthilfegruppe für Angehörige Psychisch Kranker besuche, dann bin ich bisher immer die Einzige gewesen, die ein Familienmitglied mit einer Dissoziativen Identitätsstörung hat. Die Eltern von Psychotikern haben ganz andere Probleme als ich. Ich werde meine Tochter nie aus Sicherheitsgründen mit der Polizei abholen und zwangseinweisen lassen, dafür gäbe es überhaupt keinen Grund. Ich werde weder bedroht noch bestohlen. Auch hier ist der Sammeltopf, in dem Fall für die Angehörigen, kein gutes Instrument. Das Einzige, was ich mit den anderen Angehörigen gemeinsam habe, ist die Hilflosigkeit. Und mit Sicherheit den Ärger mit Behörden.

 

Ich werde also weiterhin offen mit dem Thema umgehen und möglichst konkret sagen, was Sache ist. Das schafft Transparenz und damit Verständnis und den Abbau von Ängsten. Vielleicht ein kleiner Beitrag zur Inklusion und Nicht-Diskriminierung.

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Out with the old, in with the new

Nach langer Zeit überwinde ich mich mal wieder zu schreiben. Mein letzter persönlicher Blogeintrag ist mittlerweile schon einige Monate her. Ich wollte nicht, dass es ständig neue Jammer-Beiträge von mir gibt, die weder mir noch anderen in irgendeiner Weise helfen. 

 

In den letzten Monaten hat sich nicht wirklich viel verändert. Seelisch geht es mir ziemlich miserabel. Jeder Tag der gleiche Trott. Aber wie ich schon mal schrieb, gibt es für mich keine Grenzen mehr, was ich aushalten kann, denn diese sind alle schon lange überschritten. Das Leben geht weiter, ob ich will oder nicht. Ich kann alles aushalten!

 

Die Feiertage habe ich überstanden. Weihnachten war still und meine Mutter und ich haben uns keinen zusätzlichen Stress gemacht. 

Das Feuerwerk an Silvester haben meine Mutter und ich von ihrer Dachterrasse aus angeschaut. Dick eingepackt in Decken und mit Lärmschutzkopfhörern. Nach 20 Minuten Feuerwerk war ich dann aber so überreizt, dass ich bis 8 Uhr morgens von Kopf bis Fuß gelähmt im Bett verbracht habe. Meine Mutter und ich haben die ganze Nacht Musiksendungen und 2 Disney Filme geschaut, während meine Mutter aufpasste, dass ich nicht aus Versehen umfalle und in meiner Matratze ersticke. 

 

Zwischen Weihnachten und Neujahr gab es noch einen weiteren Tag, dem ich mit Grauen entgegen blickte… meinen Geburtstag. Nach einiger Überlegung deaktivierte ich auf Facebook die Anzeige meines Geburtstags und schloss meine persönliche Timeline. Für den Fall, dass es trotz meiner Bemühungen doch angezeigt werden würde, habe ich extra einen Text geschrieben, warum mein Geburtstag alles andere als „happy“ ist. Den Text werde ich aber allen ersparen, ich war einfach ziemlich verzweifelt und aufgewühlt. Mein Plan ging auf und im Nachhinein bin ich wirklich froh, dass ich keine Glückwünsche erhalten habe, das hat mir, glaube ich, viele Tränen und noch mehr Stress erspart.

 

Körperlich geht es mir leider fortschreitend schlechter. Die Lähmung schreitet weiter voran, sodass selbstständiges Sitzen, Arme heben und Kopf aufrecht halten immer schwerer werden. Meine Physiotherapeutin vermutet, dass meine Zuckungen im Bein spastisch sind. Generell habe ich eine geringe Muskelspannung im ganzen Körper, sodass sogar die Muskeln in meinem Gesicht erschlafft sind. Ich habe große Schmerzen und bin ständig extrem müde. So müde, als hätte ich drei Tage durchgemacht und eine Flasche Likör getrunken. Mittlerweile habe ich schon das Gefühl, dass da noch mehr dahintersteckt. Meine Physiotherapeutin bestätigt meine Vermutung. 

Im Jahr 2015, als ich jedoch noch gehen konnte und noch keine Krampfanfälle hatte, war meine letzte richtige körperliche/neurologische Untersuchung. Ich wollte schon lange, dass ich nochmal richtig untersucht werde. Im letzten Jahr waren nur alle Versuche, ambulant untersucht zu werden, daran gescheitert, dass ich schon bevor der Arzt ins Zimmer kam anfing zu krampfen, was eine Untersuchung unmöglich machte. 

Nach Absprache mit meiner Mutter und mir sprach meine Hausärztin mit der Neurologin, bei der ich 2015 schon mal war. Die Neurologin hat uns nun den Tipp gegeben uns bei einem bestimmten Krankenhaus zu melden, das eine innere und neurologische Station für behinderte Menschen hat. Dort ist das Personal auf Patienten besser eingestellt die eben nicht so funktionieren wie „der normale Patient“. Meine Mutter ist mit der Klinik nun im Gespräch, ob ich dort eine gründliche stationäre neurologische, autoimmun und andere mögliche Diagnostik bekommen kann.

 

Auf meiner Facebook-Seite machte ich mir im November über meine Frustration über meine Krankenkasse Luft. Im August 2018 wurde für mich ein neuer Rollstuhl ausgemessen und beantragt. Darauf kam die erste komplette Ablehnung – Widerspruch – eine Teilgenehmigung (ohne Kopfstütze) – zweiter Widerspruch – und dann kam Anfang Dezember endlich die Genehmigung. Somit konnte daraufhin der neue Rollstuhl bestellt werden. Drei Anpassungen wurden nicht genehmigt, die habe ich dann aber von meiner Mutter, quasi als Weihnachts-geschenk, dazu bekommen. Ende Januar soll mein Rollstuhl nun geliefert werden. Darauf freue ich mich so sehr!!! Ich finde, ich habe jetzt auch lange genug darauf gewartet, seit Antragsstellung sind ja schon sechs Monate vergangen. Die Bürokratie und Hürden, die einer pflegebedürftigen Person in den Weg gelegt werden sind so unnötig kraft- und zeitraubend. Ich bin ja nun schon lange bettlägerig und kann schon lange nicht mehr in meinem alten Rollstuhl sitzen, nur wenn es unbedingt nötig ist. Ich erhoffe mir so sehr, dass der Neue mir die Stabilität bietet, damit meine Mutter und ich vielleicht mal wieder auf dem einsamen Feldweg spazieren fahren können, um frische Luft zu schnuppern. 

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Schubladendenken

Immer wieder stellen wir fest, dass wir in einer Sackgasse gelandet sind. Mit einer seltenen Krankheit passt man einfach nicht ins System.

 

Johanna war und ist bei diversen Ärzten in Behandlung, aber eine/r nach der/m anderen stößt an ihre/seine Grenzen. Dann geht es nicht mehr weiter, es gibt eine Überweisung zum nächsten Facharzt, der aber auch nur eine isolierte Facette des Gesamtproblems sehen und behandeln kann. Ich wünsche mir so sehr, dass jemand sich für zuständig erklärt, dass es ein interdisziplinäres Teamwork der Therapeuten und Ärzte gäbe, bei dem sich die Beteiligten untereinander austauschen und miteinander eine Behandlungsstrategie entwickeln. Aber das scheint in unserem Gesundheitssystem nicht vorgesehen zu sein. 

 

Bislang schaut jede Ärztin und jeder Arzt auf ihr/sein Fachgebiet und stößt bei so einer komplexen Erkrankung wie Johanna sie hat logischerweise an einen Punkt, wo das eigene Expertenwissen zu Ende ist. Johannas Krankheitsbild scheint so außergewöhnlich zu sein, dass Mediziner ratlos und kopfschüttelnd davorstehen. 

 

Ein Psychiater oder Psychotherapeut kennt sich mit seelischen Leiden aus, aber im Zweifelsfall auch nur mit einigen besonders gut. Hier im ländlichen Raum finden wir keine, die Erfahrung in der Therapie von Dissoziativen Störungen hat. Das wäre schon hilfreich, aber momentan würde ich es schon sehr begrüßen, wenn es überhaupt eine Psychotherapeutin gäbe, die Johanna auf ihrem Weg begleitet. Eine Dauerbegleitung ist aber aus Sicht der Krankenkasse nicht vorgesehen. Wenn Therapie nicht nach einer bestimmten Zeit „Wirkung“ zeigt, wenn sich der seelische Zustand nicht verbessert, dann werden keine weiteren Therapiestunden bewilligt, weil es ja eh nichts hilft. Dass aber ohne regelmäßige therapeutische Begleitung der Weg steil nach unten führt, das wird nicht gesehen. 

 

Praktische Ärzte können z. B. nur sehr begrenzt Physiotherapie und Krankengymnastik verordnen, sie haben ein Budget. Eine „Langfristverordnung“ wird nur bei ganz bestimmten chronischen Krankheiten bewilligt. Eine dissoziative Bewegungsstörung gehört nicht dazu. Auch wenn die Auswirkungen wahrscheinlich haargenau die gleichen sind wie bei einer Querschnittslähmung als Unfallfolge, wird die Therapie nicht gleichermaßen bewilligt. Der Spitzfuß ist ja „nur psychisch“. Ja, möglichweise ist der Körper eines Tages wieder bereit, zu funktionieren, wenn die Seele Ruhe gefunden hat und die Traumata gelöst wurden. Aber bis dahin sind die Beine gelähmt, die Füße verformt und die Schmerzen die gleichen wie beim Unfallopfer.

 

Wir erleben immer wieder, dass Therapeuten aus nicht-ärztlichen Heilberufen sehr viel kreativer sind als ihre studierten KollegInnen. Johannas Physiotherapeutin ist so eine engagierte, ganzheitlich denkende, einfühlsame und erfahrene Fachfrau – ein Glück, dass wir nach fast einem Jahr der Suche endlich eine gefunden haben, die es sich zutraut, eine psychisch Kranke mit Bewegungsstörungen zu behandeln. Für sie ist es völlig offensichtlich, dass es viel zu kurz gedacht ist, all die Symptome als „rein psychisch“ abzutun. Eine Diagnostik, die den ganzen Menschen sieht, könnte vielleicht ganz andere Ergebnisse hervorbringen.

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Träume und innere Bilder

In den letzten Tagen hatte ich jede Nacht einen ähnlichen Traum. Ich bin allein, meist auf einer einsamen Insel ohne Vegetation, nur mit verdorrtem Gras. Dann kommt das Feuer. Es schließt mich ein und versperrt mir alle Auswege. Wenn ich eine Öffnung im Feuer sehe, renne ich darauf zu, wenn ich nah genug dran bin lodert auch da das Feuer hoch. Ich suche panisch nach einem Ausweg. Ich wache hyperventilierend auf, wenn das Feuer mich komplett eingeschlossen hat und anfängt mich zu verbrennen. 

 

Ich habe mit meiner Mutter heute über den wiederkehrenden Traum geredet. Für mich ist eigentlich ganz klar, dass der Traum ein deutliches Sinnbild meiner Gefühlslage ist. Ich fühle mich eingeschlossen, hilflos und existenziell bedroht und ich sehe momentan keinen Ausweg. Nichts, was sich in absehbarer Zukunft an meiner ganzen Lebenslage ändern kann. Und wenn es mir so erscheint, als hätte ich eine Möglichkeit gefunden, dann stellt sich das ganz schnell wieder als Flop heraus. 

Meine Mutter meinte, dass sie mit unserer Situation eher eine bleierne Schwere „wie im Moor versinken“ in Verbindung bringen würde. Das Feuer ist lebendig und brutal, das Versinken im Moor fühlt sich schwer und ziehend an. Beide Bilder machen für mich Sinn. 

 

Ich habe schon seit langer Zeit eine andere sehr detaillierte Szene vor Augen, die meine Gefühle ziemlich treffend beschreibt. Schon seit Monaten ist das Bild sehr prägnant für alles was bei mir vor sich geht. In z. B. Superhelden oder Anime Filmen gibt es doch oft riesige Kampfszenen. Ein Charakter schlägt den anderen. Der Geschlagene fällt wie in Zeitlupe mit viel Wucht weit nach hinten. 

 

So würde ich auch mein Gefühl beschreiben. Ich fühle mich seit vielen Monaten so, als wäre ich gerade mit voller Wucht geschlagen worden, ich befinde mich in Zeitlupe im Fall, habe den Boden aber noch nicht erreicht. Während ich falle, fühle ich mich verwirrt und hilflos. Ich versuche panisch nach irgendwas in allen Richtungen zu greifen und um Hilfe zu rufen. Aber der große Aufschlag ist noch nicht gekommen. Stattdessen bleibt das Gefühl vom „Kinnlade herunterfallen“ und der Frage „OMG! Was zum Teufel passiert hier?!“. Bis aufs innerste bin ich geschockt und meine Grundannahme von Menschlichkeit und dass es doch einen Ausweg geben muss, ist zum wiederholten Male markerschütternd zerbrochen. 

 

Ich weiß, dass es nicht nur Menschen da draußen gibt, die unempathisch sind, uns einfach nicht verstehen möchten und uns bösartig und nachweislich falsche Tatsachen unterstellen und uns somit den Weg zu nötigen Hilfsangeboten versperren. Ich weiß, dass es natürlich Ausnahmen gibt, Leute die uns helfen, uns unterstützen, uns Mut zusprechen, vielleicht sogar ein klein bisschen verstehen wie düster das Leben für meine Mutter und mich ist. 

 

Klar habe ich meine Mutter als starken Felsen. Aber sie befindet sich doch im selben Fall wie ich. Bei ihr habe ich noch ein viel stärkeres Bild vor Augen, wie sie nach jedem Anhaltspunkt, jedem Strohhalm greift. Sich versucht mit all ihrer Kraft festzukrallen aber im Endeffekt überall abrutscht.

 

Ich sehe mich als Realistin, das würden andere sicherlich in Frage stellen. Meine Mutter ist eine unermüdliche Optimistin, die nie aufhört daran zu glauben, dass wir wieder festen Boden unter den Füßen finden. Ich kann mir oft nicht vorstellen, dass sie das wirklich ernst meint. Aber was soll sie auch Anderes sagen? Wenn wir beide den Kopf hängen lassen, bringt es uns ja auch nicht weiter. Es stört mich manchmal, wenn meine Mutter sagt: „Alles wird irgendwann gut!“, weil ich dann das Gefühl hab, dass sie damit die Probleme klein redet. Aber ich weiß, dass es wichtig ist, das manchmal zu hören und zu wissen, dass es zumindest eine Person gibt, die nicht aufgibt. Es tut mir aber auch für sie furchtbar leid, dass sie versuchen muss sich so stark zu geben und ich frage mich, wie lange das ein Mensch aushalten kann. Wobei ich gelernt habe, dass man viel mehr aushalten kann, als man eigentlich für möglich hält, wenn es keine Alternative gibt. Meine Mutter behauptet, dass man daran wächst, wenn man schwierige Zeiten durchlebt und meistert. Mit allen Erfahrungen, die ich in meinem Leben gemacht habe, fühlt es sich für mich so an, als ob mich das ganze Elend immer mehr schwächt und mir das Leben ausquetscht.

 

Das Wohnprojekt, das wir auf die Beine stellen möchten, ist noch ein möglicher offener Weg, wenn auch noch weit entfernt. Ich traue mich noch nicht zu hoffen, dass es wirklich klappt. Aber der Optimismus von meiner Mutter reicht dafür für zwei. 

Kein Arzttermin ohne Vorbereitung

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Zu beachten bei Untersuchungen - Wirr-We
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Arzttermine und Untersuchungen sind bei mir immer ein ganz heikles Thema. Fremde, teilweise autoritäre Menschen, die mich zum Untersuchen womöglich anfassen müssen – nicht selten führen solche Situationen zu Panik, dissoziativen Krampfanfällen und wildem Hin-und-her-geswitche. Deshalb sind einige Arten von körperlichen Untersuchungen momentan gar nicht denkbar. Und wenn doch mal ein Arztbesuch unausweichlich ist, wird das so lang wie möglich rausgezögert.


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Mein eigener Weg aus der Klinikmisere

Das Thema Klinikaufenthalte ist bei mir ja ein Dauerbrenner. Meine Einstellung zu Kliniken hat sich geändert. In diesem Beitrag hole ich etwas aus um die Entwicklung besser verständlich zu machen. Es geht um ambulante und stationäre Therapie, Erfahrungen in der Psychiatrie, die Schwierigkeiten überhaupt einen Therapieplatz zu bekommen, meine Kritik am Gesundheitssystem und um das was ich daraus gelernt habe.

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Gedanken zu "Ich kann nicht mehr!"

Kurt Michel  / pixelio.de
Kurt Michel / pixelio.de

„Ich kann nicht mehr!“ eine weit verbreitete Aussage. Ich habe den Eindruck, dass der Satz oft schnell daher gesagt wird. Ich sage das auch ab und zu. Wenn ich das merke, versuche ich den Satz zu hinterfragen. Was bedeutet eigentlich „Ich kann nicht mehr!“? 

 

Es kann bedeuten: Ich bin so erschöpft, müde, verzweifelt, deprimiert, kraftlos, ratlos, hilflos, usw. Oder auch in ganz anderem Sinne ich bin satt, meine Konzentration ist weg oder ich habe viele Physioübungen gemacht und mag nicht mehr. 

 

Es ist ja eigentlich ganz gut festzustellen, dass man an einem Punkt angelangt ist, wo es so nicht mehr weiter geht. Aber nach jedem „Ich kann nicht mehr!“ muss man sich doch fragen: „Und was kann ich stattdessen?“ 

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Burrito im Weltall

Über drei Monate sind seit dem letzten Blogeintrag vergangen. In der Zwischenzeit gab es nicht viel zu berichten, jedenfalls nichts Positives und Konstruktives und einige Themen sind auch einfach nicht für die Öffentlichkeit. Mir geht es nicht gut und das Schreiben fällt mir schwer. Mit viel Hilfe versuche ich es nun mal wieder.

 

In meinem letzten Artikel hatte ich ja erzählt, dass ich eine persönliche Assistentin hatte. Das hat leider nur wenige Wochen funktioniert. Es lag auf keinen Fall an der Assistentin, die sich wirklich alle Mühe gegeben hat, mich gut zu versorgen. In meinem Kopf begannen sich altbekannte Programme abzuspulen, die verhindern, dass ich jemanden an mich heranlassen kann, vertrauen schöpfe und Nähe zulassen kann. Das hat mich so blockiert, dass der Kontakt von Tag zu Tag schwieriger wurde, bis ich mich ungewollt in Dissoziationen flüchtete, wenn sie nur zur Tür hereinkam. Ich habe versucht, diese Gefühle zurückzudrängen. Rational weiß ich, dass sie ein lieber Mensch ist, aber der Widerstand und Fluchtimpuls war stärker als jede Vernunft. Ich habe aktiv versucht, dagegen anzugehen und meine Mutter und ich hatten viele Gespräche darüber. Ich habe mir in der Zeit sehr gewünscht eine Fachperson zu haben mit der ich Lösungsstrategien entwickeln könnte. Wie gesagt, ich kenne dieses Verhaltensmuster schon seit dem Kindergarten und es stand mir schon mein ganzes Leben lang im Weg. Meine Mutter sagt mir zwar, dass ich mich nicht schuldig fühlen soll, aber davon gehen die Schuldgefühle auch nicht weg. Jedenfalls führte es nun wieder dazu, dass wir keine Unterstützung im Alltag mehr haben. 

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Umgekrempelter Alltag

Da hat sich unser Alltag ganz schön umgekrempelt, aber im positiven Sinne. Seit Beginn dieses Jahres begleitet mich eine liebe, achtsame und geduldige Frau - meine 'Persönliche Assistentin' - durch den Tag. Aber was ist das eigentlich? Menschen mit einer Behinderung werden ja hauptsächlich entweder zu Hause von der Familie gepflegt oder sie leben in einem Heim. Die Heimunterbringung macht den Menschen sehr unselbstständig. Man muss sich an Zeitpläne und Abläufe im Heim halten. Zu Hause gepflegt zu werden ist auch nicht immer ganz einfach. Die pflegenden Angehörigen werden meist bis an die Grenzen ihrer Kraft belastet. Pflegedienste können zwar Abhilfe schaffen, aber die haben auch ein sehr enges Zeitfenster in dem alles erledigt werden muss. Für mich persönlich ist ein Heim ganz und gar ungeeignet, weil ich mit meinen Ängsten und Zwängen dort einem enormen Stress ausgesetzt wäre - mit der DIS wollte mich sowieso kein Pflegeheim aufnehmen. Hier zu Hause hat mich bis jetzt meine Mutter gepflegt, aber das neben einer Vollzeitberufstätigkeit hinzukriegen, wurde weder ihr noch mir gerecht. Außerdem tut so viel Nähe uns beiden auch überhaupt nicht gut. Meine Erfahrungen mit Pflegediensten habe ich schon in einem früheren Artikel beschrieben, das kommt somit auch nicht in Frage.

 

Persönliche Assistenz bedeutet, dass den ganzen Tag eine Person für mich da ist. Nicht nur für die reinen Pflegetätigkeiten, sondern um mir in jeder Lebenssituation zu assistieren und mir zur Seite zu stehen. Manche Behinderte haben eine persönliche Assistenz nur für einige Stunden am Tag, manche rund um die Uhr. Das schafft natürlich nicht eine Assistentin alleine, sondern dann wird ein Team aus mehreren Leuten zusammengestellt. Der behinderte Mensch entscheidet selber, in welchen Lebenslagen er welche Hilfe braucht. Somit wird ein gehandicaptes Leben viel selbstbestimmter.

 

Bezahlt wird das Ganze über das trägerübergreifende Persönliche Budget. Entweder kann man selber Arbeitgeber werden und sich komplett selbstständig geeignete Assistenten suchen und einstellen oder man nutzt eine Organisation dafür. Die Organisationen übernehmen dann die Personalsuche und Abrechnung. Solche Orgas gibt es aber hauptsächlich nur in Großstädten. 

 

Ich habe mir selber eine Assistentin gesucht und bin nun eine waschechte Arbeitgeberin! Das persönliche Budget, welches wir im Juli 2017 beantragten wurde zwar letzte Woche bewilligt, aber noch nicht in voller Höhe. Sobald es durch eine Eilklage geklärt ist, kann ich anfangen mir eine zweite Assistentin zu suchen.

 

Auf meiner Facebookseite hatte ich bereits berichtet, dass sich meine Klinikpläne leider wieder in Luft aufgelöst hatten. Seit letztem Jahr hatte ich mich darauf verlassen, im Februar dieses Jahres wieder in die Fachklinik in Bayern aufgenommen werden zu können, in der ich schon letztes Jahr einen dreiwöchigen Probeaufenthalt hatte. Leider sagte die Ärztin mir aus persönlichen Gründen eine Woche vor dem geplanten Aufnahmetermin ab. Was sollte ich nun tun? Wie geht es weiter, ohne ambulante und stationäre Unterstützung? - Das habe ich mich gefragt. Fest stand, ich wollte etwas unternehmen und ich brauche Hilfe. In meiner Not entschied ich mich es noch ein zweites Mal zu wagen in die lokale Akutpsychiatrie zu gehen, weil die mich schließlich nicht ablehnen können. Schlechte Idee!!! Nach 32 Stunden bin ich wieder mit einem neuen Trauma nach Hause gegangen. Die neugebaute Station war alles andere als rollstuhlgerecht und hygienisch eine Katastrophe. Die Ärzte hatten, laut eigener Aussagen, keine praktischen Erfahrungen in dem Umgang mit Dissoziativen Störungen und das Klinikpersonal war respektlos. Meine schmerzhaften Notlagen wurden so dargestellt, als würde ich damit Aufmerksamkeit einfordern. 

 

Die negativen Erfahrungen bewegen mich noch sehr. Die Erinnerungen lassen mich nicht los. Ich habe jede Nacht Albträume, die die Gefühle, die ich dort hatte, widerspiegeln. Ich möchte damit keine Angst vor Akutpsychiatrien verbreiten. In vielen Situationen ist es gut und wichtig, so einen Ort zu haben. Für mich persönlich hat es nicht funktioniert. 

 

Das Positive an der Erfahrung war, dass meine Assistentin mich auch in der Klinik begleitet hat. Sie hat mir dort Halt gegeben und sie hat mich bestätigt in meiner Wahrnehmung der Umstände. Dadurch sind wir uns wesentlich näher gekommen und das Vertrauen ist gewachsen. Ich bin wirklich froh, dass wir uns gefunden haben. 

 

Meine behandelnde Ärztin aus der Klinik in Bayern hat versprochen, dass sie mit einer anderen Reha-Klinik Kontakt aufnimmt. Wenn die mich dort behandeln, wäre das auch eine längere Therapiezeit über Monate. Aber das steht noch in den Sternen, ob ich dort überhaupt aufgenommen werde. 

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Körperhygiene und komplexe Traumafolgestörung

Ein schwieriges Thema. Da redet man doch nicht drüber... Ich weiß nicht, wie es bei anderen Betroffenen ist und es ist ganz sicherlich nicht mein Anliegen, alle über einem Kamm zu scheren, aber Körperhygiene ist bei mir, als psychisch Kranke mit einer komplexen Traumafolgestörung, sehr wohl ein großes und durchaus problematisches Thema. Das möchte ich nun mal versuchen zu erklären! Vorerst möchte ich aber alle Betroffenen vor möglichen Triggern warnen.

 

So, los geht's. Täglich duschen, baden, Zähne putzen, Haare waschen ist sicherlich für die meisten Menschen etwas ganz Alltägliches, worüber nicht viel nachgedacht wird. Und wenn man auf der Straße jemanden mit fettigen Haaren sieht, denkt man sich vielleicht sogar: "Ihh die hat ungewaschene Haare, wie peinlich!". Nicht nach Blümchen duftende Menschen, deren Haare nicht leicht im Wind wehen, werden da schnell verurteilt. Für mich persönlich sind die aufgeführten Tätigkeiten eine Mammutaufgabe, die viel Kraft, Energie und oft auch Tränen kostet. Manches davon ist mir sogar schier unmöglich! 

 

Ja, ich habe seit Sommer letzten Jahres nicht mehr geduscht. Ja, meine Haare werden in 'guten' Zeiten nur einmal in der Woche gewaschen, in schlechten wie z. B. diesen Januar haben wir es ganze zwei Mal geschafft. Ja, ich schaffe es nicht täglich, mir die Zähne zu putzen oder mein Gesicht zu waschen. Klar ist mir das unangenehm, natürlich fühle ich mich selber ekelig. Und klar sieht man es mir an. Was würde ich nicht darum geben, duschen zu können oder in die Badewanne zu hüpfen. Ich sehne ich mich danach, mich sauber und gepflegt zu fühlen. Aber leider ist das nicht so einfach.

 

Aber warum ist das so schwer?!

  • Durch die Dissoziative Bewegungsstörung sind nicht nur meine Beine gelähmt, sondern auch mein Oberkörper. Im Rollstuhl habe ich einen Rückhaltegurt, damit ich keine Nasenlandung mache. Aber in der Dusche hält mich nichts. Meine Arme sind ebenfalls sehr schwach, eine volle Shampooflasche zu halten oder mir selber die Haare auszuwaschen.. nein das schaffe ich nicht.
  • Täglich plagen mich am ganzen Körper Schmerzen, die mir die Luft rauben. Mir dann die Haare kopfüber über dem Waschbecken waschen zu lassen, ist da kaum auszuhalten. Sogar meine Haut ist so schmerzempfindlich, dass oft der Kontakt zum Handtuch zu reizend ist.
  • Ich habe einen Traumahintergrund! Man könnte jetzt ja denken, dass mich einfach eine Person beim Duschen aufrecht halten könnte und mir hilft mich zu waschen. Aber nein, ich kann mich vor niemandem ausziehen. Dazu ist das Badezimmer generell schon ein erinnerungsbehafteter Ort. Flashbacks und Körpererinnerungen schlagen dort auch ohne angefasst zu werden schnell mal zu.
  • Mich selber anfassen zu müssen, fällt mir an vielen Tagen schwer. Und löst großen Ekel und Dissoziationen aus.
  • Das Badezimmer und alle Handlungen im Bad sind extrem zwangsbehaftet. Nicht nur Zwangsgedanken, sondern auch -Handlungen nehmen viel Zeit und Platz ein. Eben mal Haare von meiner Mutter über dem Waschbecken waschen zu lassen, ist nicht möglich. Das muss bis ins Detail geplant werden und wehe, eine Reihenfolge oder eine Berührung wird falsch ausgeführt! Alleine für das Händewaschen brauche ich an 'guten' Tagen 15 - 20 Minuten. Menschen, die mir assistieren, werden so gut wie immer mit in die Zwangshandlung eingebaut. Nicht selten endet es mit einer weinenden Mutter, zahlreichen Wiederholungen, Dissoziationen, Selbsthass, Schuldgefühlen und Selbstbestrafungen. Das ist unbeschreiblich anstrengend. Ich versuche wegen der Zwänge z. B. auch so selten wie möglich auf die Toilette gefahren zu werden. Keineswegs gesund, aber manchmal die schonendere Entscheidung.
  • Eine bleierne Depression, die alles dreimal schwerer macht. Sie ist wie eine schwere Decke, die mich ersticken lässt und jegliche Kraft raubt und die Arme, die so schon durch die Dissoziation schon bewegungslahm sind, noch schwerer macht. Eine Zahnbürste halten oder geschweige denn mein Bett zu verlassen, kann ich an manchen Tagen komplett vergessen. Kleinste Handlungen fühlen sich für mich so an, als wäre ich einen Marathon gelaufen.

 

Was will ich eigentlich damit bewirken, so etwas Intimes öffentlich zu teilen? - das frage ich mich gerade selber, während ich schreibe! Vielleicht möchte ich mich für andere Betroffene zeigen, das ist ein persönliches Thema und ich glaube, dass viele im Schweigen kämpfen. Ihr seid nicht alleine! Vielleicht möchte ich Verständnis. Vielleicht möchte ich auch einfach für alle einstehen, die es heute nicht geschafft haben, gestriegelt aus dem Haus zu gehen, sondern den ganzen Tag, wie ich, im Schlafanzug, mit ungewaschenen Haaren im Bett verbringen. Und für die Menschen, die sich, wie ich, schon vor der nächsten Dusche oder Morgenwäsche fürchten. Oder vielleicht möchte ich einfach sagen, ja das gibt es, aber das bedeutet nicht unbedingt, dass diese Person sich gehen lässt, sondern es ist jemand, der täglich einen inneren Kampf mit sich selber austrägt. Mal gewinnt man gegen die Krankheit und manchmal muss man sich beugen und sich eingestehen, dass man sich etwas Gutes tut, indem man sich versucht zu entspannen und all dem nicht auszusetzen. 

 

Wie kann man sich die Körperpflege etwas leichter machen? Wenn etwas so furchtbar schwer ist, gibt es vielleicht eine kreative Lösung. Bei mir funktioniert das Zähneputzen zum Beispiel leichter, wenn ich im Bett sitze, von weichen Kissen abgestützt bin und vor mir auf dem Tablett die elektrische Zahnbürste, Zahnputzbecher und eine Schüssel habe. Zum Waschen gibt es Waschlappen. Damit das Haarewaschen am Waschbecken ein bisschen leichter wird, habe ich jetzt eine Armatur mit einem ausziehbaren Schlauch. Für die schmerzempfindliche Haut gibt es sanfte Schaumseife. Meine Haare werden immer zu einem Zopf gebunden, dann fällt es nicht so auf, dass sie strähnig sind und sie stören mich nicht im Gesicht. Die Idee mir eine Glatze zu scheren, habe ich dann doch lieber wieder verworfen. 

 

Wenn ich mich erst überwunden hab und es dann geschafft habe, fühlt es sich saumäßig gut an, auch wenn ich danach total erschöpft und voller Schmerzen bin und mir vor dem nächsten Mal graut.

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03.02.2018

Herausfordernd - so würde ich die ersten Wochen des neuen Jahres beschreiben. Einige Veränderungen gab es wieder, einige positiv aber auch negative.

 

Seit Herbst 2016 waren wir auf der Suche nach einer Physiotherapeutin. Endlich haben wir nun eine gefunden. Durch die Lähmung haben mittlerweile die Muskeln stark abgebaut und die Sehnen sind verkürzt. Ich habe einen sogenannten „Spitzfuß“. Ohne dass meine Füße und Beine angefasst werden, sind sie schon äußerst schmerzempfindlich. In den letzten Wochen saß ich nur sehr selten im Rollstuhl, weil ich wegen einer schweren Depression kaum mein Bett verlassen konnte. Deshalb habe ich große Schmerzen, wenn die Füße aufrecht gestellt werden. Ich bin froh, dass mir nun die Physiotherapeutin helfen kann, meine Beine und Füße durchzubewegen, wenn ich es zulassen kann. Denn im Rollstuhl sitzen zu können, wird in den nächsten Wochen sehr wichtig sein, da kann ich nicht den ganzen Tag im Bett liegen. Weiter unten mehr dazu. 

 

Eines der Themen, über die ich ebenfalls sprechen möchte, ist der Verlust meiner Psychotherapeutin... nein sie ist nicht gestorben. Aber es fühlt sich so an bzw. es ist ja auch auf einer Weise wirklich so. Von vor fast zwei Wochen war das letzte Treffen mit meiner nun ehemaligen Psychologin. Sie wollte gerne noch ein letztes Abschiedsgespräch, das ich aber nicht aushalten konnte. Zu groß war die Angst, dass mich das Gespräch und die letzte unwiderrufliche Verabschiedung noch mehr belasten würde. Die reine Vorstellung war schon unerträglich. Nächste Woche bekomme ich noch ein Abschiedsgeschenk von ihr. Ich versuche, auch noch etwas Passendes für sie auszusuchen und zusammenzustellen. Ich verstehe die Beweggründe hinter der Beendigung der Therapie ihrerseits. Trotzdem bin ich enttäuscht. Und ich habe riesige Angst vor der Zukunft. Im Abschlussbericht steht, dass sie ihre fachliche Grenze erreicht hat, die Möglichkeiten im ambulanten Setting sind ausgeschöpft. Und gleichzeitig schreibt sie: "Es besteht nach wie vor ein dringender Behandlungsbedarf! Es findet derzeit ein rasanter selbstzerstörerischer Prozess statt, der eine starke letale Gefährdung beinhaltet." Aber eine wirklich Behandlungsperspektive gibt es nach wie vor nicht. 

 

Meine Suche nach einer persönlichen Assistentin hat Früchte getragen. Seit drei Wochen haben wir eine sehr ruhige und geduldige Frau gefunden, die meine Mutter und ich momentan einarbeiten. Ich bin so froh, dass wir uns gefunden haben. Ich bin durch die vielen Ängste, Zwänge und generell schnelle triggerbarkeit nicht besonders einfach. Aber sie ist so geduldig mit mir, sodass ich nun dabei bin Vertrauen zu ihr aufzubauen. Ab nächster Woche sind wir soweit, dass meine Mutter wahrscheinlich nicht mehr dabei sein wird. 

 

Das persönliche Budget wurde zwar noch nicht genehmigt, darum kümmert sich meine gesetzliche Betreuerin noch. Denn ich habe schließlich einen ganz klaren Rechtsanspruch darauf, die Krankenkasse darf es gar nicht ablehnen. Es kann sein, dass sie es versuchen, aber sie werden gegen die darauffolgende Klage keine Chance haben. Laut Gesetz, dass es seit Anfang des Jahres gibt, muss über das trägerübergreifende Budget nach Antragsstellung innerhalb von drei Wochen eine Entscheidung getroffen werden. Den Erstantrag hat meine Mutter im Juni 2017 gestellt, leider wird es erst mit dem Einschreiten meiner gesetzlichen Betreuerin bearbeitet. Schade, dass es wohl bei vielen Anträgen immer erst den Druck einer Rechtsanwältin braucht.

 

Auf meiner Facebookseite habe ich schon berichtet, dass ich am 13.2. einen Aufnahmetermin in der Psychosomatischen Fachklinik in Simbach am Inn habe. Voraussetzung von der Klinik ist jedoch dafür, dass ich extra Assistenz im Alltag habe. Ich brauche 24 Stunden am Tag Assistenz und Pflege, dass kann eine normale psychosomatische Klinik mit dem normalen Personalschlüssel nicht leisten. Es gab zwei Möglichkeiten. Entweder hätte die Klinik während meines Aufenthaltes den Personalschlüssel auf der Station zu jeder Zeit um eine Schwester erhöhen müssen, oder ich nehme von Zuhause meine persönliche Assistentin mit in die Klinik. Für mich ist es viel angenehmer eine Person zu haben, die bereits eingearbeitet ist, als ständig mit jeder Schicht eine andere Pflegerin von der Klinik zu haben. Natürlich kann meine Assistentin nicht jeden Tag tagsüber und nachts arbeiten, so oder so werde ich auch pflege von den Schwestern annehmen müssen. Dass ich meine Assistentin mitnehmen werde fühlt sich viel sicherer an. Nun habe ich noch eine Woche Zeit, um die Kostenzusage von der Krankenkasse für meine Assistentin zu erhalten. Wieder einmal ist die große Ungewissheit ein großer Stein im Weg. 

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Plan Y

Die letzten Wochen waren voll von Veränderungen, neuen Ideen, Absagen, Plänen und Fehlschlägen.

 

Vor einem Monat berichtete ich, dass wir endlich einen Pflegedienst gefunden haben, der sich täglich am späten Vormittag für 1 1/2 Stunden um mich kümmerte. Es kamen abwechselnd zwei Frauen, die beide sehr bemüht und nett waren. Eine der beiden Pflegekräfte war auch schon eingearbeitet und ich konnte mit ihr alleine sein. Mit den beiden Frauen war ich sehr zufrieden, aber mit der Pflegeleiterin gab es einige Probleme. Es endete dann damit, dass uns gekündigt wurde. Alles in allem hat uns der Pflegedienst eher noch mehr Stress gemacht. Die 1 1/2 Stunden pro Tag waren auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

 

Wir waren auch mit verschiedenen Pflegeheimen in Kontakt und per Zufall wurde in einem Haus, das eine Abteilung für junge Pflege hat, ein Zimmer frei. Das schien erstmal eine tolle Lösung zu sein. Nach Telefonaten bin ich gemeinsam mit meiner Mutter und meiner gesetzl. Betreuerin zu einem Besichtigungstermin dort hin gefahren. In dem freien Zimmer haben wir mit der Pflegedienstleitung alles mögliche besprochen. Einige aus unserem System haben sich von dem Heim auch ein Bild gemacht, das war vorher so abgesprochen. Obwohl es schon einige Bedenken gab, stimmte ich einem Probeaufenthalt zur Kurzzeitpflege zu. Ein paar Tage später sagte jedoch auch dieses Heim ab. Nach einer Teambesprechung kamen sie zu der Entscheidung, dass sie mir mit meinen besonderen Bedürfnissen nicht gerecht werden können. Wahrscheinlich stimmt das auch, aber es war trotzdem enttäuschend. Aber irgendwie war ich auch erleichtert.

 

Wieder ganz alleine - was nun? Der letzte Arbeitstag vom Pflegedienst war der 15.12., seitdem hatte meine Mutter zum Glück Weihnachtsurlaub. Aber was passiert, wenn sie wieder arbeiten gehen muss?

 

Im Juli hatte meine Mutter das trägerübergreifende Persönliche Budget beantragt. Bis jetzt wurde der Antrag leider noch nicht bearbeitet. Aber meine gesetzliche Betreuerin hat da mal ordentlich Dampf gemacht und es kommt langsam Bewegung in die Geschichte. In der Hoffnung, dass der Antrag nun schnell bewilligt wird, suche ich schonmal eine persönliche Assistentin. Diese soll sich dann tagsüber um mich kümmern, damit meine Mutter endlich wieder ordentlich arbeiten kann und etwas Zeit für sich hat. Wir suchen nun über mehrere Medien nach einer Assistentin: meine Webseite, die Agentur für Arbeit und die Webseite Assistenz.org. Hoffentlich klappt das!!!

 

Vor zwei Monaten berichtete ich, dass die Zusammenarbeit mit meiner Therapeutin nun endgültig zu Ende geht. Als die Möglichkeit aufkam kurzfristig in das Pflegeheim zu gehen, dachte ich schon, dass wir Hals über Kopf unsere letzte Stunde hätten. Da sich dieser Weg aber wieder zerschlug, ist uns noch ein bisschen mehr Zeit geblieben. 5 Termine á 25 Minuten, im Zwei-Wochen-Takt. Das bedeutet, dass ich ab März ohne eine Therapeutin da stehe.

Ich hoffe ja immer noch, dass ich im Februar in die Klinik nach Bayern zurück kann, jedoch hat sich die Ärztin noch nicht wieder gemeldet. Ob sie meinen Pflegeaufwand bewältigen können, ist also noch fraglich. Die Klinik hat ein Entlassmanagement, mit dem sie sich verpflichten, mir geeignete, professionelle Begleitung für die Zeit nach der Klinik zu organisieren. 

 

Diese Ungewissheit ist zum Mäusemelken!

 

Es ist aber auch etwas positives passiert. Dazu gibt es schon sehr bald einen gesonderten Blogeintrag.

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Dankbarkeit und Frustration in der Pflege

Ich habe heute von jemanden einen Satz über Dankbarkeit gehört, der mich zum Nachdenken gebracht hat. In etwa ging er so: "Es gibt andere Menschen, die keine Mutter haben, die sich so liebevoll um sie kümmert und Leute, die keine schöne Wohnung haben, dafür solltest Du dankbar sein." 

 

Das hat mich etwas sprachlos gemacht. Erstens, weil ich Vergleiche zu anderen hilfebedürftigen und kranken Menschen schädlich finde. Und zweitens halte ich zwar nicht viel von mir, aber ich kann von mir behaupten, dass ich dankbar bin. Ich sage bzw. gebärde sehr oft "Bitte" und "Danke". Meiner Mutter zeige ich oft überschwenglich meine Dankbarkeit. Meiner Psychologin sage ich nach jedem Termin, wie dankbar ich bin. Der Klinik in Bayern auch. Allen Betreuerinnen und Pflegekräften bin ich auch dankbar und schätze ihre Arbeit. Ich habe ein Dach über dem Kopf, immer genug zu Essen und muss keinerlei materielle Not leiden.

 

Das Problem mit der Dankbarkeit ist, dass ich dankbar bin für Hilfestellungen, die ich zwar brauche, aber eigentlich gar nicht möchte. 

 

Stell Dir vor, Du kannst nur Kaffee trinken, wenn Dir der Becher angereicht wird, weil Du ihn nicht selber halten kannst.

Sell Dir vor, Du müsstest Dir die Haare von jemanden kämmen lassen und Zähne putzen geht nur mit Unterstützung. 

Stell Dir vor, Du könntest nur einen Blogartikel schreiben, wenn jemand neben Dir sitzt, um Deine wilden Gedankengänge zu ordnen.

Stell Dir vor, Du hättest am Tag mehrere Zeitlücken und bist darauf angewiesen, dass Dir jemand sagt, was Du getan hast.

Stell Dir vor, Du kannst nur auf die Toilette gehen oder Dein Bett verlassen, wenn jemand in der Wohnung ist und Dich mit einem Patientenlifter bewegt.

Stell Dir vor, Dir muss jemand die Hose hochziehen, nachdem Du auf der Toilette warst.

Stell Dir vor, Du wärst nach einem Krampfanfall für bis zu 12 Stunden in einer Art "Wachkoma Dissoziation". Du musst gefüttert werden, und musst Schmerzen aushalten, weil Du Deinen Kiefer nicht weit genug öffnen kannst um eine Schmerztablette zu schlucken.

Stell Dir vor, dass Du Dir nicht selber das Gesicht oder andere Körperstellen waschen kannst, weil Deine Hände über Tage wegen hoher Anspannung zu Fäusten geballt sind und sich nicht öffnen lassen und Deine Arme zu schwach sind.

 

Natürlich kann ich mich glücklich schätzen, dass jemand da ist, der all das für mich tut. Und gleichzeitig empfinde ich aber ein markerschütterndes Scham- und Frustrationsgefühl. Es macht mich wütend, dass ich diese Dinge nicht alleine bewältigen kann. Schließlich bin ich eine erwachsene Frau.

 

Das Problem wird sogar noch größer dadurch, dass ich unter vielen Zwängen und Ängsten leide. Wenn bei der Pflege, Handlungen nicht "richtig" ausgeführt werden, dann möchte ich am liebsten schreien, um mich schlagen und weglaufen. Aber ich bin in meinem Körper gefangen. In diesen Momenten hat die Dankbarkeit keinen Platz in meinem Gefühlswirrwarr. Und das merkt die Pflegeperson natürlich deutlich. Alles wird noch schwieriger, weil ich stumm bin und nicht sagen kann was ich wie brauche. Ich muss darauf vertrauen, dass die Pflegeperson meinen Mix aus Gebärden und wilden Handbewegungen verstehen kann oder ich schnell genug auf meiner Sprachapp tippe.

 

Ich fühle mich also ohnmächtig, ausgeliefert und frustriert, habe Angst und Schmerzen und bin gleichzeitig dankbar dafür, dass mir jemand hilft. Ich bemühe mich meinen Pflegerinnen zu zeigen, dass ich für ihre Hilfe dankbar bin und sie wertschätze. Nicht immer gelingt mir das. Oft wirke ich abweisend, ungeduldig, fordernd und befehlerisch. Zum Beispiel schnipse ich oft mit den Fingern, weil das die einzige Möglichkeit ist, den anderen schnell zu vermitteln, dass mir etwas total unangenehm ist. Das ist auf keinen Fall böse gemeint, kommt aber verständlicherweise nicht gut an.

 

Wenn ich dann merke, dass meine Mutter oder Pflegerin durch mein Verhalten verunsichert wird, langsam verzweifelt oder selbst die Geduld verliert, dann bin ich selber auf mich wütend, habe Schuldgefühle und Selbsthass. Eine Abwärtsspirale, die sich nur schwer stoppen lässt und oft mit einer weinenden Mutter, Selbstbestrafungen und Dissoziativen Zuständen endet.

 

Wie man nun vielleicht verstehen kann, ist es mit der Dankbarkeit gar nicht so einfach. 

 

Bildnachweis: Sophie Lamezan_pixelio.de

 

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Dunkle Zeiten

 *Triggerwarnung*

 

Wie überlebt die Seele, wenn man weiß, dass es in der Zukunft keine Besserung gibt? Dass dies ein chronischer Zustand ist und dass es keine professionellen Ärzte und Therapeuten gibt, die einen behandeln möchten? Zu kompliziert, zu komplex, zu krank!?

 

Es gibt einige Themen, bei denen ich mich eher sträube darüber zu schreiben. Und doch denke ich, dass es auch wichtig ist nicht still zu schweigen. Suizidalität! Ich finde es unglaublich schwierig von anderen zu lesen, wie lebensmüde sie sind, deshalb mag ich darüber auch nicht gern reden. Es lässt sich nicht beschönigen: Ich möchte nicht mehr leben. Der Tod ist mir gleichgültig. Aber eigentlich möchte ich doch nur, dass das Leid aufhört.

Vor einigen Jahren habe ich ganz klipp und klar entschieden, dass ich mir nicht frühzeitig das Leben nehmen werde, solange meine Mutter an meiner Seite ist, denn das würde ich ihr nicht antun. Für meine Mutter ist es natürlich schwer, das zu hören. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich nicht aktiv plane alles zu beenden. Es besteht also keine Gefahr. Ich bin eigentlich seitdem ich denken kann passiv suizidal. Gedanken, das Leben zu beenden, begleiten mich jeden Tag, jede Minute. Es hört nie auf.

 

Meine ganze Situation spitzt sich immer weiter zu. Die Dissoziative Identitätsstörung ist an und für sich momentan gar nicht so das Problem. Klar ist es schwierig, sich mit mehreren Personen einen Körper zu teilen, die teilweise nicht wohlgesonnen dem Körper und mir gegenüberstehen. Die momentanen viel größeren Probleme sind die vielen Zwänge, Ängste, dissoziative Zustände und eine immer wachsende hohe Pflegebedürftigkeit. Ich bin wie ein rohes Ei, das bei jeder kleinsten Berührung in tausend Stücke zerfällt. Vor allem durch die Zwänge bin ich schnell reizbar und das trifft alles meine Mutter, die ihr Bestes tut. Ich bin eine große Belastung für alle und zu meiner Mutter bin ich furchtbar. Sie zuckt sogar schon zusammen und hat Angst mir die Socken anzuziehen oder mir die Haare zu kämmen, weil ich und ein anderer Innie schnell autoaggressiv bestrafen, wenn etwas nicht richtig läuft. Dafür verachte ich mich umso mehr. 

 

Seit zwei Wochen kommt morgens immer ein Pflegedienst. Zwei Pflegefachkräfte wechseln sich ab. Es fällt mir sehr schwer mich auf die zwei neuen Frauen einzulassen. Die Frauen sind nett und bemühen sich, aber es dauert einfach sehr lange bis ich Vertrauen aufbauen kann. Und durch meine Stummheit, die nun schon wieder acht Wochen ununterbrochen andauert, ist die Kommunikation um einiges schwieriger.

 

Meine Mutter muss entlastet werden. Sie kann und soll mich nicht mehr pflegen. Jegliche Grenzen sind überschritten. "Wie schaffst du das bloß?" hört meine Mutter oft. Bei der Frage kräuselt es uns die Fußnägel hoch. Wir haben einfach keine andere Wahl. Man überlebt auch ohne Kraftreserven. 

 

Was ist nun das kleinste Übel?

 

Eine Einweisung in die Akut Psychiatrie besprechen wir täglich. Jedoch müssen wir aber auch aufpassen, denn bei meinem letzten Aufenthalt in der Akut Psychiatrie wurde ich traumatisiert. Deshalb müsste ein weiterer Aufenthalt gut vorbereitet sein.

Gleichzeitig haben wir wieder Kontakt zu einem psychiatrischen Pflegeheim aufgenommen, das mich nehmen würde, ich aber aus verschiedenen Gründen zuerst abgelehnt hatte. Sofort haben die aber auch keinen Platz frei. Das Pflegeheim erscheint mir gerade als das kleinere Übel, denn dort ist der Personalschlüssel höher als in der Psychiatrie, ich hätte ein Einzelzimmer und bin dem hektischen Klinikalttag nicht ausgesetzt.

 

Die Frage, wie viel eine Seele aushalten kann, beschäftigt mich sehr. Ich fühle mich schon lange innerlich tot. Leben ist das jedenfalls nicht.

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Da hilft nur noch Sarkasmus

Ich möchte Euch diese E-Mail, die ich heute von einer Klinik erhalten habe, nicht vorenthalten. Seid gewarnt: Ich schwanke zwischen Belustigung, Wut und Fassungslosigkeit. 

 

„…wir haben Ihren Behandlungswunsch bei uns nun eingehend geprüft (therapeutisch, medizinisch, pflegerisch); es hat aufgrund der Komplexität Ihres Falls eine Weile gedauert.-Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir Ihnen nach wirklich sorgfältiger Überlegungen zumindest derzeit kein Behandlungsangebot machen können.„

 

„Dies ist zum Einen begründet in dem pflegerisch nicht leistbaren Aufwand, zum Anderen aber auch Ihrer ansonsten derzeit nicht ausreichend gegebenen Rehafähigkeit bzw. ist uns keine ausreichende Einschätzung möglich, u.a. da man mit nicht persönlich mit Ihnen sprechen kann.“

 

  • Es tut mir sehr leid, dass ich stumm bin. Ich würde sehr gerne Therapie bekommen, um hoffentlich meine Stimme zurück zu erlangen um mit Ihnen sprechen zu können. Mein Pflegeaufwand wurde immer höher, weil ich über einem Jahr keine Therapie für meinen „komplexen Fall“ bekommen habe. Somit wurde meine Pflegebedürftigkeit immer größer. Aber ok, ich bin mir sicher, dass sich der Pflegeaufwand in nächster Zeit auch ohne Therapie auflösen wird. Sorry, dass ich nicht Reha fähig bin, daran werde ich weiterarbeiten, ohne Therapie.  

 

„Ich bzw. wir hätten Ihnen gerne ein Angebot gemacht; ich hätte es Ihnen gewünscht, dass es Ihnen wieder besser geht. Ich denke jedoch, so wie Ihre äußeren Bedingungen derzeit sind, ist eine Besserung kaum möglich. Insbesondere würde ich Ihnen dringend raten, dass Sie und Ihre Mutter eine Kontaktreduktion bzw. zumindest vorübergehende Trennung anstreben, dass Ihre Mutter insbesondere nicht mehr in Ihre Pflege eingebunden ist und Ihnen auch nicht beim Schreiben Ihrer privaten Dinge hilft etc. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sich dies positiv auf Ihren Gesundheitszustand auswirken würde.“

 

  • Hahaha. Wir suchen seit August 2016 nach einer Einrichtung. Betreute Wohneinrichtungen sowie Pflegeheime, sehen aber einen zu hohen Pflegeaufwand. Herzlichen Dank! Außerdem ist mehr Abstand zu meiner Mutter von meiner Mutter und mir dringend gewünscht. Dazu würde ich gerne in eine Wohneinrichtung ziehen… Äh, achso ja, geht ja nicht… Ich hätte sehr gerne andere Pflegekräfte, leider haben bis jetzt alle Betreuungspersonen sich entweder selber aus meiner Betreuung herausgezogen, weil ihnen der Aufwand zu groß war oder sie haben sich so inkompetent verhalten, dass eine Zusammenarbeit von meiner Seite nicht mehr möglich war. Es ist nicht so, dass ich, noch meine Mutter es toll finden, dass meine Mutter seit vier Monaten auf einem Klappbett in meinem Wohnzimmer schlafen muss, damit sie mich nachts aufs Klo setzen kann.
    Also… Besserung ist so kaum möglich… hm ja, das ist ja blöd.

 

„Es tut mir Leid, Ihnen nichts anderes mitteilen zu können. Ich hoffe, Sie finden trotzdem einen Weg, eine für Sie gute Änderung zu bekommen.“

 

  • Ja, herzlichen Dank. 
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Ein Lebensabschnitt endet

Es bahnte sich schon seit langem an. Ich wusste, dass das Therapieende auf mich zukommt, bei jedem Termin sprach meine Therapeutin das Thema an. Nun ist es klar, meine Therapeutin, mit der ich seit 2012 zusammenarbeite, beendet unser therapeutisches Verhältnis. 

 

Es fing alles im Sommer 2012 an. Die Depression und Lebensmüdigkeit hatten mich fest im Griff. Als ich in einer akuten Krisensituation war, überließ mir meine Mutter ihren Therapieplatz bei ihrer Psychotherapeutin, mit der hatte ich zwei Gespräche, bis sie mich an meine Psychotherapeutin Frau S. weitervermittelte, die eher mit jungen Patienten arbeitete. Sie führte ein Gespräch mit mir, danach ging ich in die Akutpsychiatrie, weil ich sehr gefährdet war. Während des dreiwöchigen Klinikaufenthaltes hielt sie stets den Kontakt zu mir. In der Akutpsychiatrie ging es mir noch schlechter als vorher. Von Frau S. wurde ich aufgefangen und sie veranlasste, dass ich in kürzester Zeit in eine andere Psychiatrie aufgenommen wurde, in der ich vier Monate Hilfe bekam.

 

Als ich mit den Diagnosen Depression und Borderline Persönlichkeitsstörung entlassen wurde, begann die ambulante Psychotherapie bei Frau S. Ich brauchte eine Eingewöhnungszeit, bis sie mein volles Vertrauen gewinnen konnte. Wir arbeiteten wöchentlich an Skills und Möglichkeiten, wie ich mir in schwierigen Situationen helfen kann. In Krisensituationen durfte ich sie auch nachts und an Wochenenden immer anschreiben und sie enttäuschte mich nie. Sie wurde zu einer der wichtigsten Vertrauenspersonen. Sie lernte, wie sie mit mir umgehen kann und ich durfte einfach "sein".

 

Das einzige Thema, das nie angesprochen werden durfte, war meine Vergangenheit. Wir kümmerten uns immer nur um das Hier und Jetzt. Irgendwann wurde aber immer deutlicher, dass wir um das brennende Thema nicht herumkommen. Aber sobald Fragen aufkamen, zog der Mechanismus Dissoziation an. In dem nicht funktionierenden Therapiezustand verharrten wir eine ganze Weile. Ich verstand nicht, warum wir so völlig stillstanden. 

 

Frau S. fragte mich bei jedem Treffen, was ich am Wochenende getan habe, da gab es immer nur große Fragezeichen. Ich konnte mich einfach nicht daran erinnern. Bei jeder Frage zu meiner Vergangenheit geriet ich in dissoziative Zustände. Ein paar wenige schlimme Erinnerungen konnte und kann ich nicht aussprechen. Aber es wurde auch immer klarer, dass ich nicht alles aus meiner Kindheit weiß. Frau S. forschte und fragte ihre Kollegen. Sie fing eine Fortbildung bei Michaela Huber an, eine der führenden Psychotherapeutinnen in dem Thema Dissoziation und Trauma.

 

Bis ich eines Abends in einer Krise einen Notfalltermin bei Frau S. hatte. An dem Abend offenbarte sich zum ersten Mal ein Anteil. Frau S. war sich zuerst nicht sicher, was das genau war. Ich war sehr überrascht, denn mir fehlten jegliche Erinnerungen an den Vorfall. Ab dem Punkt schöpfte Frau S. Verdacht, dass da noch mehr unter der Oberfläche brodelt. Über Monate gingen wir verschiedene Fragebögen durch. Mit dem Reden und Fragen bekamen immer mehr Anteile Mut und fingen an, mit Frau S. zu reden. Plötzlich war da ein offenes Loch ohne Boden, das nicht mehr verschlossen werden konnte. Es konnte nicht mehr verheimlicht werden. Es kristallisierte sich heraus, dass ich abgespaltene Anteile habe. Die immer lauter wurden, nachdem wir ihnen die Tür geöffnet hatten. Mir fiel bzw. fällt es immer noch sehr schwer, das anzunehmen und zu verstehen. Frau S. hat mich durch diese unbeschreiblich verwirrende und komplizierte Zeit begleitet und mir einfühlsam erklärt, dass ich eine Dissoziative Identitätsstörung habe. Die eigenartigen Gedanken, die mich seit Anbeginn begleiteten, die unterschiedliche Dinge wollten und meinen Alltag und mich kommentierten, waren keine Gedanken, sondern Stimmen von Anteilen. 

 

Ich war Frau S.‘ erste Patientin mit einer DIS. Gemeinsam mit Fortbildungen, Supervisionen, mir und allen, die sich den Körper mit mir teilen, lernte und arbeitete sie sich in dieses komplexe Thema rein. Aber sie machte von Anfang der Diagnosestellung an deutlich, dass sie es mit mir versucht. Aber sich auch vorbehält, mich an eine erfahrenere Therapeutin weiterzuleiten, sollte sie sich dem nicht gewachsen fühlen. Wir hatten einfach ein extrem gutes therapeutisches Verhältnis. 

 

Letzten Sommer entschied ich mich, trotz meiner schlechten Erfahrungen noch einmal in eine Klinik zu gehen und ins betreute Wohnen zu ziehen. Frau S. hat unermüdlich mit Ärzten telefoniert und versucht, mich in einer geeigneten Klinik unterzubringen. Lange Zeit war das ohne Erfolg. Nicht nur ich, sondern auch Frau S. bekamen ständig "Nein" zu hören. Bis sie mit einer Oberärztin aus der Psychosomatischen Fachklinik in Simbach am Inn Kontakt aufnahm. Sie besprach meinen komplexen Fall mit ihr und schaffte es, mir einen dreiwöchigen Probeaufenthalt im März/April 2017 bei einer sehr erfahrenen Ärztin zu organisieren. Bei diesem Aufenthalt wurde die von Frau S. gestellte DIS Diagnose bestätigt.

 

Nach dem Klinikaufenthalt kam ich aber wieder ins gleiche Umfeld zurück. Mir ging es stetig schlechter. Bis ich es nicht mehr schaffte, aus Angst und wegen der psychischen Lähmung, zu Frau S. in die Praxis zu gelangen. Nach einer Zeit des Überlegens stimmte Frau S. Hausbesuchen zu. Richtige Therapie konnten wir schon lange nicht mehr machen, wir führten nur 25-Minütige unterstützende Gespräche. Wir befanden bzw. sind in einer Sackgasse. Frau S. sagte selber, dass sie ratlos ist, wie sie mich unterstützen kann und dass ich jetzt dringend eine erfahrenere Therapeutin brauche.

 

Spätestens im Februar 2018 darf ich wieder in die Klinik in Simbach. Ein Klinikaufenthalt in einer anderen Klinik in Dresden ist im Gespräch. Fest steht aber, dass unsere Zusammenarbeit mit dem Beginn eines Klinikaufenthaltes endgültig zu Ende ist. Wenn es irgendwie möglich ist, soll ich nach einer Therapie in einer Klinik nicht zurück nach Hause gehen, sondern in eine Einrichtung ziehen. Die Idee erscheint mir aber sehr aussichtlos, wie man in vorherigen Blogbeiträgen schon lesen konnte. Schließlich suche ich schon seit über einem Jahr erfolglos.

 

Ich habe keine Ahnung, wo ich nach der Klinik wohnen werde, somit weiß ich auch noch nicht, in welcher Stadt oder Bundesland ich nach einer neuen Therapeutin suchen soll. Das Gute ist, dass die Klinik in Simbach am Inn ein Entlassungsmanagement hat und sie sich damit verpflichten, mir einen Wohn- und Therapieplatz zu besorgen. Ob das wirklich klappt, wage ich noch zu bezweifeln, denn einen Therapieplatz zu finden ist schwierig und beinhaltet meistens lange Wartezeiten.

 

Ich musste das Ganze einfach einmal runterschreiben. Mir geht es sehr schlecht mit der Situation. Ich verliere eine wichtige Vertrauensperson, die ich in Notsituationen immer anschreiben durfte. Frau S. ist mir sehr ans Herz gewachsen. Ich denke, zum Schluss wurde die Beziehung doch etwas zu eng, denn Frau S. ist sehr involviert. Es gibt keine Worte dafür, wie dankbar ich ihr bin. Sie war fünf Jahre an meiner Seite. Der Verlust macht mich wirklich traurig, ich glaube, ich werde einige Zeit brauchen, um das zu verarbeiten. Vielleicht ist es aber auch eine Chance, noch umfangreichere Unterstützung zu bekommen. Aber das tut weh!

 

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Pflegebegutachtung mit vollem Programm

Gestern war mal wieder viel los. Eine Pflegekraft vom MDK hatte sich zur Pflegebegutachtung angemeldet, denn meine Mutter hatte vor einigen Wochen eine Erhöhung des Pflegegrades beantragt. Schon in den Tagen zuvor war ich sehr angespannt. Als die Frau dann zur Begutachtung eintraf, besprach meine Mutter mit ihr zuerst, wie sie mit mir umgehen sollte, bevor sie in mein Zimmer kam. Aber zu dem Zeitpunkt war ich schon ziemlich dissoziiert. Meine Gedanken waren langsam, ich konnte nur noch bruchstückhaft verstehen was ich gefragt wurde und ich konnte mich nicht mehr gut bewegen oder geschweige denn auf irgendwelche Fragen eingehen.

 

Die Gutachterin wollte von meiner Mutter wissen, wie mein Krankheitsverlauf war, was ich alleine kann und bei welchen Tätigkeiten ich Hilfe brauche und sie schaute sich meine Wohnung an. 

 

Es verging nicht viel Zeit bis wir switchten. Die Begutachterin, die als Pflegekraft schon mal mit DIS-Patienten gearbeitet hat, machte dann Bekanntschaft mit zwei kleinen Innies. Der erste Innie hat mit ihr gespielt, bis wir wohl aus Versehen getriggert wurden und ein anderer traumatisierter Innie Angst bekam. Was genau passiert ist, weiß ich nicht, meine Mutter hat mir später erzählt was war. Irgendwie kam es dann dazu, dass ich einen Krampfanfall bekam, der auch wieder sehr lang anhielt. Für die nächsten 1 ½ Stunden war dann eine Jugendliche vorne, die mir mal wieder aufgezeigt hat, wie viel Innenarbeit wir noch vor uns haben. Von 15:30 Uhr war ich wieder vorne, hatte aber einen Stupor, bei dem ich komplett erstarrt und ausgeliefert war. Um 1 Uhr nachts war der Stupor dann soweit aufgelöst, dass ich ins Badezimmer konnte. 

 

Heute ist mein ganzer Körper immer noch sehr verspannt und ich habe Schmerzen. Meine linke Hand kann ich immer noch nicht ausstrecken. Zum Glück war heute Morgen meine Ergotherapeutin da und ich konnte es zulassen, dass sie mir die Hände massierte.

 

Ich bin sehr auf das Ergebnis der Begutachtung gespannt. Die MDK Mitarbeiterin gab zum Schluss natürlich noch keine Einschätzung, aber sie sagte, dass es mir ja ganz offensichtlich seit der letzten Begutachtung im Januar wesentlich schlechter geht.

 

Eben kam per Post noch eine „erfreuliche“ Nachricht: das Amtsgericht hat mir nun endlich eine gesetzliche Betreuerin zugesprochen. Meine Mutter und ich hatten eine uns bekannte Rechtsanwältin vorgeschlagen, die mir jetzt bei allen Angelegenheiten helfen wird.

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Einsamkeit

von Unbekannt
von Unbekannt

 

 

Ich bin einsam. Völlig isoliert. Ich sehne mich nach Kontakt und Nähe. Und doch kann ich Nähe nicht ertragen. Selbst wenn ich sicher in meinem Schneckenhaus – meiner Wohnung – sitze, versetzt es mich in Panik, draußen Menschen zu sehen und zu hören. So gerne würde ich gute Gespräche über die wirklich wichtigen Themen führen, und doch lässt es die Konzentration nicht zu und ich drifte in eine andere Welt. Ich möchte so gerne aus meinem Gefängnis ausbrechen. Und doch lähmt mich die Angst bei jedem Versuch, der grauen Einsamkeit zu entfliehen.

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Ungewissheit

Alles hängt in der Schwebe. In den nächsten Wochen wird sich endlich einiges entscheiden und hoffentlich auch verändern.

 

Meine Mutter hatte sich zwei Pflegeheime angeschaut. Die Pflegeleitung von einem sagte, dass sie mich nicht nehmen könnten, weil ich einen zu hohen Pflegeaufwand verursache. Abgesehen davon, dass es wirklich schlimm aussah, fiel mir dabei aber die Kinnlade runter. Ich dachte, ein Pflegeheim ist zum Pflegen da?! Das andere Heim, ein psychiatrisches, hätte mich genommen, kommt aber leider nicht in Frage, weil dort hauptsächlich Männer sind, die durch ihre Krankheit häufig laut und manchmal aggressiv sind. Da ist mir die Gefahr einer Retraumatisierung zu hoch.

 

Meine Psychotherapeutin hatte mit Ellert Nijnhuis gesprochen, einem der führenden Trauma- und DIS Ärzte aus Holland. Dabei kam aber leider nichts Brauchbares raus. Nachdem ich diese Woche eine E-Mail voller schlechter Neuigkeiten von meiner Therapeutin bekam z. B., dass dem Universitätsklinikum Eppendorf auch der Pflegeaufwand zu groß ist, verschlug es mir wieder komplett die Sprache. Es kommt mal wieder gar kein Ton heraus.

 

Vor lauter Verzweiflung hat meine Therapeutin nochmal einen letzten Versuch gestartet und eine der führenden Kliniken, die DIS behandeln, angerufen. Nun stehe ich mit einer der Ärztinnen der Klinik in Kontakt. Zuerst muss mit dem Pflegepersonal besprochen werden, ob das Personal meine Pflege tragen kann. Ich könnte jedoch auch von einem externen Pflegedienst während des Klinikaufenthaltes betreut werden. Ein zweiwöchiger Probeaufenthalt steht also momentan im Gespräch. Ich möchte mich noch nicht zu sehr „freuen“ (wie man sich halt auf einen Klinikaufenthalt „freuen“ kann), weil ich so weit auch schon mit diversen anderen Kliniken war.

 

Eine Voraussetzung für den Klinikaufenthalt ist eine erneute neurologische Abklärung. Vor zwei Jahren wurden alle möglichen Untersuchungen bezüglich der Bewegungsstörung gemacht. Dabei wurde keine körperliche Ursache gefunden. Jetzt sollte aber ausgeschlossen werden, dass meine Krampfanfälle epileptisch sind und keine andere Krankheit hinter der Bewegungsstörung steckt. Auf der einen Seite möchte ich unbedingt die Untersuchungen haben, es wäre ja auch ein grober Behandlungsfehler, wenn die Anfälle und Lähmung körperliche Ursachen hätten und ich psychologisch behandelt werde. Wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass es dissoziativ ist. Auf der anderen Seite habe ich große Angst davor, weil Arztbesuche für mich furchtbar sind, weil ich dabei immer Panik bekomme und stark dissoziiere.

 

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Jetzt geht's ins Pflegeheim

von Higher Perspective
von Higher Perspective

Upps... Entschuldigung, ich habe gesehen, dass gestern Nacht eine Jugendliche aus unserem System auf der Facebookseite ihren Frust kundgetan hat. Das tut mir leid, sie geht leider nicht so konform mit Entschei-dungen die getroffen werden mussten. Ich habe den Post gelöscht. 

 

Leider stimmt es wirklich, dass wir bald in ein Pflegeheim gehen. Zuerst nur zur Kurzzeitpflege und dann auf längere Zeit. Die letzte von ehemals drei Betreuerinnen kommt jetzt nicht mehr. Meine Mutter müsste ihren Job als Vertriebsleiterin kündigen um den ganzen Tag bei mir zu sein. Das wollen wir beide nicht, ganz davon abgesehen, dass es gegen jeglichen therapeutischen Rat gehen würde. Neue Versuche eine Klinik zu finden, die mich jetzt aufnimmt, sind wiedermal fehlgeschlagen. Deshalb ist der Umzug ins Pflegeheim die einzig verbleibende Möglichkeit. Meine Mutter hat schon viel recherchiert. Es gibt nur wenige Pflegeheime, die junge Pflege also für 18 - 65 jährige anbieten. Diese und nächste Woche schaut meine Mutter sich zwei Einrichtungen an. Wenn sie denkt, dass sich eine davon eignet besichtige ich diese auch. 

 

Die Aussicht mit 25 Jahren in ein Pflegeheim zu gehen ist furchtbar und ich habe doll daran zu knabbern. Aber ich muss es realistisch sehen und das bedeutet, dass ich rund um die Uhr Betreuung brauche, nicht alleine leben kann und dass wir alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben.

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Zerbrechliche Beziehung

Schwupps... so schnell kann sich die ganze Betreuungsituation wieder ändern!

 

In den letzten zwei Wochen hat sich wieder einiges getan. Meine ambulante Betreuerin von der Eingliederungshilfe kommt nun nicht mehr und die Zukunft mit meiner ambulant psychiatrischen Pflegerin ist auch ungewiss.

 

Die Betreuung durch die Eingliederungshilfe mussten wir pausieren. Die Frau begleitet mich seit vier Jahren. Sie ist eine gelernte Erzieherin, die keine Ausbildung in der körperlichen Pflege hat. Rein rechtlich darf sie mir gar nicht beim Transfer aus und in den Rollstuhl helfen und sie kann es auch körperlich nicht leisten. Somit kann sie mir leider überhaupt nicht mehr helfen. 

 

In der letzten Woche ist mir nochmal deutlich geworden, wie fragil die Beziehung zu Betreuungspersonen sein kann. Ein falsches Wort, eine falsche Tat und die ganze Vertrauensarbeit kann zu nichte gemacht werden. So ist es leider mit meiner psychiatrischen Pflegekraft passiert. Sie hat es natürlich nicht absichtlich getan und wollte mir eigentlich im Gespräch helfen. Aber stattdessen erzählte sie mir etwas, was mich extrem triggerte. Dann kamen Bilder und Angst vor der Pflegekraft dazu. Das was sie sagte, ist nichts, was man eben mal so "verzeihen" kann. Die Entschuldigung bringt da leider nichts. Denn das Gespräch hat sich in mein Hirn gebrannt, die aufdrängenden Bilder sind vor Augen und die Angst kann ich auch nicht einfach so abstellen, auch wenn ich mir sage, dass sie mir damit nicht schaden wollte. So schnell kann es gehen! Ich wollte der Situation ein paar Tage Auszeit geben, damit ich darauf mit ein bisschen Abstand schauen kann. Ob ich sie wieder in meine Wohnung lassen kann und sie um mich haben kann, weiß ich noch nicht.

 

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So kann das nicht weitergehen!

Es ist schon fast zwei Monate her, seitdem die drei kleinen Jungs das Ei gegen meine Wohnzimmerwand geworfen haben. Mittlerweile kann ich mich für ein, zwei Stunden wieder im Wohnzimmer aufhalten. Aber auf dem Sofa und in der Ecke des Wohnzimmers kann ich mich nicht mehr aufhalten. Die Gardinen bleiben weiterhin geschlossen. Somit verbringe ich die meiste Zeit des Tages in meinem Schlafzimmer.

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25.07.2017

Unglaublich, welche Spritzreichweite so ein Ei hat! Nachdem mein Wohnzimmer nach der saudoofen Eier-Attacke vor zwei Wochen ziemlich ekelig war und gestunken hat, ist es nun wieder frisch gestrichen, gereinigt und bewohnbar. Mittlerweile schaffe ich es wieder, mich für ein paar Stunden im Wohnzimmer aufzuhalten, die Gardinen dürfen aber noch nicht geöffnet sein. Auf mein Sofa trau ich mich noch nicht. Meine Mutter hat die ersten Tage bei mir übernachtet, so fühlte ich mich sicherer. Leider hatte ich auch noch einige weitere Krampfanfälle, das hat mir viel Kraft geraubt. 

 

Zum Glück ist seit dieser Woche meine Psychologin aus ihrem vierwöchigen Urlaub zurückgekehrt. Ich brauche ihre Unterstützung sehr!

 

Letzte Woche habe ich mit 25 Jahren meine ersten grauen Haare entdeckt… dagegen musste ich etwas unternehmen!!! Meine Betreuerin ist heute mit dem Gegenmittel angerückt. (Meine Beine kann ich so verschränken, weil ich keine Körperspannung und wenig Schmerzempfinden in den Beinen habe

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Der Eiwurf

Stell Dir vor, Du sitzt an einem Montagabend auf dem Sofa und schaust Fernsehen. Die Balkontür steht offen, weil Du auf dem Balkon, vor ein paar Minuten, die Blumen gegossen hast. Plötzlich hörst Du ein lautes Geräusch, etwas fliegt mit hoher Geschwindigkeit an Dir vorbei und klatscht an die Wand. Es war ein rohes Ei! Du bist vielleicht erschreckt, angeekelt und wütend. Dass rohe Ei trieft von Deiner Wohnzimmerwand herunter. …Jetzt bist Du stinksauer, schaust wer es war oder rufst sogar …*füge Schimpfwort Deiner Wahl ein*.

 

Genauso wie Du, erschreckte ich mich. Für mich ist es aber nicht nur eine Sauerei. Denn für die nächsten 30 Minuten lag ich krampfend in den Armen meiner Mutter, die versuchte, mir zu sagen, dass ich in Sicherheit bin und mir niemand etwas antun wird. Von den Krampfanfällen bekomme ich alles mit. Ich merke, wie schmerzhaft die Muskelkontraktionen sind und wie mir der Sabber das Kinn herunterläuft. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, bis meine Muskeln sich etwas lösten. Nun war ich komplett erstarrt, ich bekam alles mit, sogar meine Augen konnte ich nicht bewegen. Eine weitere Stunde lag ich völlig ausgeliefert und bewegungsunfähig auf dem Sofa.

 

Natürlich fragt sich jetzt jeder: Wer kommt eigentlich auf die absurde Idee mit einem Eierkarton durch ein Wohngebiet zu laufen und unbeteiligte Menschen zu bewerfen? Ok, das war jetzt blöd, aber das Leben geht weiter oder? Nein, denn die treffsicheren Ei-Werfer können nicht wissen, dass ich wegen vielen Traumata aus der Kindheit und Jugend schwer traumatisiert bin. Sie können nicht wissen, dass ich seit ungefähr drei Jahren meine Wohnung aus panischer Angst vor Menschen nicht mehr verlasse. Sie können nicht wissen, dass ich bei belastenden Ereignissen eine Panikattacke bekomme, erstarre, krampfe und/oder Persönlichkeiten wechsel. Sie können nicht wissen, dass ich voller Angst bin, wenn ich durch meine geschlossenen Fenster draußen Menschen sehe. Die Blumen auf dem Balkon sind meine selbst verschriebene „Konfrontationstherapie“, damit ich auf den Balkon gehen muss – selbst das kann ich nur in Begleitung tun.

 

Für mich ist es kein einfacher Scherz! Dieser Vorfall hat einen Rattenschwanz. Ich bin vor kurzem in diese barrierefreie Wohnung eingezogen, da ich von der Traumatisierung so sehr belastet bin, dass nur aus psychischen Gründen meine Beine gelähmt sind. Für eine traumatisierte Person, wie ich es bin, ist ein „sicherer Ort“ unbeschreiblich wichtig. Mich wohl und sicher in meiner Wohnung zu fühlen, habe ich mir hart erkämpft. Diese Sicherheit wurde mir genommen. Ob ich mich wieder auf meinen Balkon traue? Ich weiß es nicht! Traue ich mir es wieder zu, alleine in meiner Wohnung zu sein und dabei die Gardinen offen zu haben? Unbestimmt! Habe ich nun noch mehr Angst vor fremden Menschen? Definitiv! Wird es für mich noch schwerer rauszugehen und fremden Menschen zu vertrauen? Ganz bestimmt!

 

Ich bin 25 Jahre alt, ich habe eine komplexe Posttraumatische Belastungsstörung, schwere Dissoziative Störungen, Angststörung/Phobien, eine Essstörung, Zwänge, chronische somatische Schmerzen und ich bin schwer depressiv und passiv suizidal. Das ist kein Scherz!

 

Ich wünsche mir, dass dieser Beitrag geteilt wird. Die Ei-Werfer wird es sicherlich nicht erreichen, aber vielleicht sieht dies jemand, der gerne „Scherze“ macht. Ich bin entsetzt und verängstigt. Ich bin froh für jeden Menschen, der diese Gefühle nicht nachvollziehen kann, denn das heißt für mich, dass ihm nie etwas wie mir passiert ist, das solche chronischen Langzeitfolgen hat. Bitte überlegt Euch genau, bevor ihr handelt. Eure Taten haben Konsequenzen!

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Disso mal ganz anders...

Nein, mir geht es wirklich nicht gut. Ich habe das dringende Bedürfnis dies aufzuschreiben. 

 

Es ist Sommer! Wie fast jede abeitende Person ist auch meine Therapeutin seit zwei Wochen im Urlaub. Wir hatten bis jetzt einmal einen E-Mail Kontakt, übernächste Woche haben wir den nächsten festgelegten E-Mail Termin. In drei Wochen ist sie wieder aus ihrem wohlverdienten Urlaub zurück. Kurios finde ich es, dass immer wirklich alles aus den sonst schon so bröckeligen Fugen gerät, wenn sie im Urlaub ist. Vor genau einem Jahr eskalierte die Situation mit Alec, meinem ehemaligen Assistenzhund in Ausbildung und meine Bewegungsstörung wurde so schlimm, dass ich einen Rollstuhl brauchte.

 

In der ersten Urlaubswoche meiner Therapeutin war meine Mutter im Krankenhaus. Ihr geht es gut. Wir, das ganze System, sind aber deshalb total ausgerastet. (Zur Erklärung: für mich ist es schon schlimm, wenn eine nahe-stehende Person einen Schnupfen hat. Durch die Angst und das Mitgefühl für die kranke Person ziehe ich mich komplett zurück und ich breche den Kontakt ab, weil mich die schlechten Gefühle zerfetzen). Was ich damit sagen möchte, ist, dass die Woche ziemlich bescheiden war. Wir wurden in der Zeit intensiv von unseren beiden Betreuerinnen versorgt, eine davon war täglich für mehrere Stunden bei mir Zuhause. Unsere neue Alltagsbetreuerin kenne ich noch gar nicht so lange, aber sie ist ein absoluter Glücksfund. Sie konnte auf Anhieb mit meinen dissoziativen Zuständen, Panikattacken und auch mit Persönlichkeitswechseln umgehen. Ohne sie wären wir aufgeschmissen. 

 

Die ganze Situation hat mich sehr mitgenommen. Besonders nachdem ich eine zweistündige Erstarrung/Stupor hatte, ist die Bewegungsstörung bzw. die Paralyse in den Beinen noch etwas schlechter geworden. Sodass ich hoffentlich in den nächsten Tagen ein Rutschbrett bekomme, mit dem ich mich selbstständig aus dem Rollstuhl transferieren kann.

 

Gestern hatte ich zum ersten Mal einen dissoziativen Krampfanfall. Zuvor hatte ich schon einige Male, meistens gepaart mit einem dissoziativen Stupor, unkontrollierbares Zittern. Einen richtigen Krampf hatte ich jedoch noch nie. Zuerst hatte ich durch eine eigentliche Nichtigkeit eine dissoziative Erstarrung. Meine Mutter saß neben mir auf dem Sofa. Zuerst fing ein Bein an zu zittern, das Zittern wurde immer stärker und wanderte meinen Körper hoch, bis der ganze Körper angefangen hat zu krampfen. Davon bekam ich alles mit. Für meine Mutter war es auch das erste Mal, dass sie so etwas an mir gesehen hat. Ich bin ihr sehr dankbar, dass sie einen kühlen Kopf bewahrt hat und nicht einen Notarzt gerufen hat. Meine Mutter redete in einem ruhigen Ton und sagte dass es gleich wieder aufhören wird. Weil ich nur noch noch sehr flach geatmet habe, hat sie versucht mit mir in einem gleichmäßigen Rhythmus zu atmen. Und sie nahm mich fest in den Arm (was bei mir während dissoziativen Zuständen nicht immer gut ankommt). Nach ca. 10 - 15 Minuten hörte der Anfall auf. Für ca. 45 Minuten war dann ein Kindanteil vorne. Meine Mutter beschrieb mir den Wechsel wie ein Lichtschalter, der von einer Sekunde auf die andere umgelegt wurde: Plötzlich war da ein fröhlich spielendes Kind. Danach passierte der Wechsel genau so unvermittelt zurück zu mir (Johanna), die hart wie ein Stein noch in einem Stupor war. Eine Stunde lang lag ich komplett bewegungsunfähig, bis auf die Augen erstarrt auf dem Sofa. Nach der Stunde konnte ich wieder einen Daumen bewegen und meine Mutter konnte mir Wasser mit einem Strohhalm anreichen. Meine Beine haben sich noch nicht erholt und haben den Dienst eingestellt. (Also vorher konnte ich auch nicht gehen oder stehen, aber z. B. zum Hose Anziehen die Beine kurz bewegen. Jetzt sind sie wie totes Gewicht, das ich mit den Armen aus dem Weg räumen muss.) Der Krampfanfall hat mich und meine Mutter zutiefst erschreckt und ich habe fürchterliche Angst, dass es nochmal passieren könnte.

 

Das einzig Positive ist, dass ich nun endlich eine Verordnung für Ambulante Psychiatrische Pflege/APP erhalten habe. Morgen kommt eine psychiatrische Pflegekraft zum Kennenlernen. Mir wurden 14 Einheiten pro Woche für vier Monate verschrieben. Da meine ambulante Betreuerin von der Eingliederungshilfe nächste Woche auch in den Urlaub geht und ich dann als "Pflegekräfte" nur meine Mutter und meine Alltagsbetreuerin habe, könnte die APP hilfreich sein, solange die Frau nett und kompetent ist.

 

Oh und wenn alles klappt bekomme ich diese Woche noch Besuch von einer meiner Lieblingspersonen und ihrer Pudelhündin. Darauf freue ich mich sehr.

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11.06.2017

Wenn es mir und dem System sehr schlecht geht, dann tut es manchmal ganz gut, wenn ein nicht traumaassoziierter Kindanteil einfach mal z. B. mit unserer lieben, zugewannten Alltags-betreuerin ganz unbeschwert malen und mit den Kuscheltieren spielen darf. Das verschafft dem System eine kurze Erholungspause.


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Das Leben geht weiter

Vor genau einem Monat wurde ich aus der Psychosomatischen Fachklinik Rottal-Inn in Simbach am Inn entlassen. Seitdem ist ziemlich viel passiert. 

 

Mit gutem Gewissen kann ich die Rottal-Inn Klinik weiterempfehlen. In meinen vorherigen Blogbeiträgen habe ich ja schon ausführlich darüber berichtet, wie schwierig es für mich war, überhaupt eine Klinik zu finden. Dass ich tief in Niederbayern gelandet bin, war dann wirklich ein Glücksfall. Meine Ärztin und das Pflegepersonal meiner Station kannten sich wirklich gut mit der Dissoziativen Identitätstörung aus. Egal was passierte, auf uns wurde immer angemessen eingegangen. Ich fühlte mich verstanden, gut betreut und ernst genommen. Die Pflegerinnen waren allesamt sehr geduldig: Auch wenn ich durch einen Trigger stundenlang dissoziierte, im Stupor war oder wir hin und her switchten oder ich eine Panikattacke hatte ließen sie uns nicht im Stich und versuchten mir mit vielen Skills zu helfen. Das Schöne an der Klinik ist, dass sie bereit sind ihr Konzept individuell anzupassen. Ich wurde zu nichts gedrängt, aber man hat mir öfters angeboten, in Begleitung in den Park zu gehen. Ein paar Mal hat es auch tatsächlich geklappt und ich konnte mit einer umsichtigen Pflegerin frische Luft schnappen. Ich hatte mein rollstuhlgerechtes Einzelzimmer, wo ich auch die Mahlzeiten einnehmen durfte (das Essen war übrigens spitze).

 

An meinem Allgemeinzustand hat sich in so kurzer Zeit natürlich nicht viel geändert. Trotzdem war der Klinikaufenthalt ein Erfolg für mich. Erstens weil ich jetzt die Erfahrung gemacht habe, dass ein Klinikaufenthalt auch positiv sein kann und es durchaus engagierte und nette Ärztinnen und Pflegerinnen geben kann. Zweitens weiß ich jetzt, dass ich einen Therapieplatz gefunden habe, wo mir/uns geholfen wird und wo ich wieder hingehen kann.

 

Mit der Entlassung aus der Klinik bin ich auch gleichzeitig in eine neue behindertengerechte Wohnung umgezogen. Hier kann ich mich jetzt frei bewegen, barrierefrei duschen und mir selbstständig etwas aus dem Kühlschrank holen. Ich bin nun die ganze Zeit damit beschäftigt, mir hier einen sicheren Ort einzurichten, damit ich mich hier geschützt fühlen kann. Mir fällt es ziemlich schwer, mich in einer neuen Umgebung sicher zu fühlen. Es ist hier noch alles neu und ungewohnt, deshalb ist es umso wichtiger, mir meine neue Wohnung so angenehm und triggerarm wie möglich zu gestalten.

 

Eine Voraussetzung dafür, dass ich nächstes Jahr wieder in die Klinik in Simbach am Inn kann, ist, dass wir an meiner Betreuungssituation arbeiten. Bisher war es ja so, dass ich eine ambulante Betreuerin für vier Stunden pro Woche habe, den Rest der Pflege deckt meine Mutter ab. Ich brauche deutlich mehr Betreuung, aber nicht durch meine Mutter. Mit meinem Pflegegrad 3 könnte ich einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch nehmen, aber die sind hauptsächlich auf Senioren und Krankenpflege eingestellt und haben wenig oder keine Erfahrung mit psychischen Erkrankungen. Dazu hatte ich letzte Woche ein Teamgespräch mit meiner Mutter, meiner Therapeutin, meiner ambulanten Betreuerin und ihrem Chef. Gemeinsam haben wir überlegt, wie wir das Problem lösen. Wir haben mehrere Möglichkeiten herausgearbeitet.

 

  • wir beantragen eine Erhöhung der Betreuungsstunden, es gibt max. 10 Stunden pro Woche. Wenn das genehmigt wird, stellt mir die Betreuungseinrichtung eine zweite ambulante Betreuerin. Damit immer jemand für mich da ist, auch wenn eine der beiden Betreuerinnen mal krank oder im Urlaub ist.
  • wir beantragen Persönliches Budget
  • ich bitte meinen Psychiater um eine Verordung für ambulante psychiatrische Pflege. Das ist eigentlich für Kriseninterventionen gedacht und i. d. R. auf vier Monate befristet, wird aber in Außnahmefällen auch länger gewährt.
  • wir verhandeln mit der Krankenkasse über zusätzliche Betreuungsleistungen
  • wir erwägen eine gesetzliche Betreuung und lassen uns dahingehend beraten

 

Der letzte Monat und auch der Klinikaufenthalt waren für mich sehr herausfodernd und anstrengend. Ich hoffe, jetzt langsam in der neuen Wohnung zur Ruhe zu kommen und mich zu erholen. Nach und nach werde ich mit Hilfe meines therapeutischen Teams die geplanten Veränderungen angehen, ohne mich dabei zu sehr unter Druck zu setzen. Als erstes werde ich nächste Woche mit meiner ambulanten Betreuerin meinen Balkon hübsch machen. Ich bin wirklich froh und dankbar, Menschen um mich herum zu haben, die mich unterstützen und manchmal viel mehr machen, als ihr Job verlangen würde. Es erleichtert mich, zu wissen, dass in der Niederbayrischen Klinik schon der Schweinsbraten mit Bayrischkraut und Semmelnknödel auf mich wartet und wir alle dort sein dürfen.

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Hallo aus der Klinik

Ein kurzes Hallo aus der Klinik. Ich bin hier gut angekommen. Mir fällt es ziemlich schwer mit den ganzen Menschen. Das Pflegepersonal und meine Therapeutin sind aber sehr nett, zuvorkommend und umsichtig. Die wissen alle, was sie tun und können gut mit meinen "Zuständen" umgehen.

 

Mein Zimmer kann ich zwar nicht alleine verlassen, deswegen bekomme ich aber zu allen Terminen eine Begleitung. Bis jetzt ist es mit großem Abstand der beste Klinikaufenthalt und ich bin froh hier sein zu dürfen.

 

Bis zum 19.4. bleibe ich noch, dann geht es die 900 km zurück nach Hause.

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Meine Notfalltasche

Ohne Skills und meine Notfalltasche gehe ich nirgendwo hin. In einer Kosmetik-tasche befinden sich Düfte und Gegenstände die mir bei Dissoziationen, Angst, Unruhe und Panik helfen. Diese so genannten Skills sprechen verschiedene Sinne an. Ich denke, die meisten Betroffenen kennen Skills und sind auch immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten. Nun bereite ich mich gerade auf den Klinikaufenthalt vor, denn dort gibt es viele Trigger, die problematische Situationen auslösen können. Normalerweise sind nicht ganz so viele Gegenstände in meiner Notfalltasche, für die Klinik möchte ich aber vorbereitet sein. Notfallmedikamente gibt es bei mir allerdings nicht, denn ich habe noch kein Medikament gefunden, welches ich vertrage.

 

An der Rückseite meines Rollstuhls hängt eine rote „SOS“ Tasche. Dort drin befindet sich ein Zettel, auf dem Angaben zu meiner Person und Notfalltelefonnummern stehen. Außerdem Anleitungen, was bei einer Erstarrung (Dissoziativer Stupor) oder bei einem Switch gemacht werden kann, um mir zu helfen.

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Vor dem Klinikaufenthalt

Dienstag werde ich in der Klinik aufgenommen. Ich bin wirklich froh, dass ich nun endlich Hilfe bekomme, mache mir aber auch viele Gedanken und habe Angst vor dem Aufenthalt. Meine Ärztinnen haben mir gesagt, dass ich keine großen Anforderungen an mich stellen soll und die Ärzte der Klinik werden das auch nicht tun. Ich werde maximal drei bis vier Wochen dortbleiben. Wahrscheinlich werde ich mehrmals die Woche Einzeltherapie und Gestaltungstherapie bekommen. Wenn ich es aushalte, darf ich vielleicht auch noch Physiotherapie machen. Alle anderen Therapien würden mich überfordern. Zum Glück weiß ich schon, dass ich ein barrierefreies Einzelzimmer mit eigenem Badezimmer bekommen werde, das nimmt mir zumindest schon mal die Zimmerangst.

 

Da die Klinik in der Nähe von München liegt und ich aus Norddeutschland komme, werden meine Mutter und ich schon Montag losfahren und auf zweidrittel der Strecke Pause machen und im Hotel übernachten.

 

Jetzt geht es erstmal ans Packen. Dies ist mein vierter Klinikaufenthalt, somit weiß ich, was mich in etwa erwarten wird. Ich bin gespannt wie und ob ich mich dort anpassen kann. Auch mit dem Schlafrhythmus werde ich erstmal wieder zu kämpfen haben, weil ich in letzter Zeit nur noch tagsüber, wenn es hell ist, schlafen kann. 

 

Während ich in der Klinik bin, wird hoffentlich der Umzug in meine neue Wohnung organisiert werden. Wenn ich wieder nach Hause komme, kann ich endlich in meine rollstuhlgerechte Wohnung.

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Die Klinik-Odyssee

Wer krank ist, geht zum Arzt. Wer so richtig krank ist, geht ins Krankenhaus. Klingt einfach, ist es aber nicht!

 

Wer meinen Blog öfters liest, weiß, dass ich mich im August 2016 zu einem weiteren Klinikaufenthalt entschlossen habe. Seit fünf Monaten sind meine Therapeutin und ich nun auf der Suche. 

 

Ich brauche einen Platz in einer psychiatrischen/psychosomatischen Klinik mit Ärzten, die Erfahrungen in der Therapie mit DIS Patienten haben. Die Klinik müsste barrierefrei sein und ich brauche ein Einzelzimmer. Außerdem müsste ich vor allem Einzeltherapie bekommen, weil ich nicht gruppentauglich bin. So weit so gut. 

 

Wir haben mittlerweile bei ungefähr 25 Kliniken angefragt, ob sie mich aufnehmen würden. Bis jetzt habe ich nur Absagen bekommen. Von drei Kliniken warte ich noch auf eine Antwort.

 

Jeder, dem ich das erzähle ist fassungslos, "Das kann doch nicht wahr sein?!". 

 

Die Ablehnungsgründe sind fast immer die gleichen. Es gibt nur wenige Kliniken, die überhaupt Patienten mit einer Dissoziativen Identitätsstörung/Multiple Persönlichkeit aufnehmen, da das Krankheitsbild sehr komplex und langwierig zu behandeln ist. Viele Kliniken sind in alten Gebäuden untergebracht, die sind zwar manchmal sehr schön, aber selten barrierefrei. Aber auch die baulich barrierefreien Krankenhäuser lehnen oft die Aufnahme mit einer Bewegungseinschränkung einfach ab, weil man damit nicht ins Konzept passt z. B. könnte ich nicht bei der Sporttherapie mitmachen. So, nehmen wir einmal an, ich habe eine Klinik gefunden, die mich mit der DIS und dem Rollstuhl aufnimmt. Dann kommt das nächste K.O.-Kriterium; ich kann nur flüstern und auch das kostet mich viel Kraft, manchmal kann ich auch das nicht und bin stumm. Blöd für eine Gruppentherapie! Die ist auch noch aus weiteren Gründen kaum möglich. Ich habe Angst vor Menschen, vor allem vor Fremden natürlich. Das blockiert mich so sehr, dass ich blitzschnell dissoziiere. Zuviele Reize auf einmal kann ich nicht verarbeiten. Wenn mehrere Menschen in einem Raum durcheinander reden, katapultiert mich das sofort ins Aus. Mit der Zeit sind so viele alltägliche Dinge zu einem Trigger geworden, dass ich in Gesprächen schnell abschmiere. Dann sitze ich entweder eingefroren wie in einer "Locked In" Starre da oder es tritt eine andere Persönlichkeit hervor und ich kann mich hinterher an nichts erinnern. Mit diesen Problemen passe ich nicht in die Konzepte der Kliniken, da alle gruppenorientiert arbeiten. Es kommt mir stark so vor, dass die meisten Kliniken absolut gar nicht bereit sind an ihren Konzepten zu rütteln und eine individuelle Lösung zu finden. Klar, der Kostendruck für Krankenhäuser ist riesig und Gruppentherapie ist eben viel günstiger als eine Einzelbehandlung. Kassenpatienten bekommen meist höchstens eine Einzeltherapiestunde pro Woche. Privatpatient müsste man sein.

 

Die verrückteste Voraussetzung, die bis jetzt gestellt wurde, war, dass ich vor Beginn der Therapie schon eine Zusage von einer betreuten Wohngruppe habe, für die Zeit nach der Klinik. So eine Wohngruppe zu finden ist noch schwieriger als einen Klinikplatz, es gibt wirklich nur ganz, ganz wenige für traumatisierte Frauen. Die Ablehnungsgründe sind die gleichen wie oben. Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz. Was für eine Art von Unterbringung ich brauche, hängt davon ab, wie es mir geht, wenn ich aus der Klinik komme. Zurzeit bräuchte ich eine vollstationäre Einrichtung, weil ich weder einkaufen, noch kochen, noch sauber machen kann und es erst recht nicht schaffe für mich zu sorgen. Vielleicht bin ich aber auch irgendwann wieder so weit, dass ich in eine teilstationäre Wohngruppe ziehen könnte, in der ich nur tagsüber betreut werden würde.

 

Meine Therapeutin ist auf eine Ärztin gestoßen, die wirklich wusste wovon sie sprach. Sie sagte von sich aus, dass Gruppentherapie für DIS Patienten sowieso gar nicht geeignet ist. Für DIS Patienten ist es schon eine große Herausforderung, nur in der Klinik zu sein und am Alltagsgeschen teilzunehmen. Es wäre völlig falsch sich zu hohe Ziele zu setzen. Mein persönliches Ziel ist es eine bessere Kommunikation mit Anteilen aufzubauen, dies geht selbstverständlich nicht vor anderen Menschen, sondern bedarf viel Einzeltherapie. In der Gruppe ist nicht der Platz um mit traumatisierten Anteilen zu reden. 

 

Ich weiß nicht, ob ich darüber lachen oder weinen soll, wenn man mir immer wieder sagt, dass ich einfach zu krank für eine stationäre Therapie bin. Das ist doch absurd!!! 

 

Um überhaupt irgendwie weiter zu kommen, muss ich aber unbedingt in eine Klinik. Erstens, weil Therapie hier im familiären Umfeld gar nicht möglich ist, dazu muss ich einfach Abstand bekommen. Und Zweitens reicht natürlich eine Stunde ambulante Therapie pro Woche nicht ansatzweise aus. Nach der ambulanten Stunde komme ich nach Hause und bin allein und ungeschützt. Niemand ist da, wenn es mir schlecht geht, ich in Panik gerate oder switche (Persönlichkeiten wechseln). Also berühren wir in der Thapie keine schwierigen Themen und können nur stabiliserend arbeiten. Aber das ist ja auf Dauer nicht Sinn der Sache. Ein Weiterkommen ist also nur in einem beschützten Rahmen möglich. Auch wenn ich noch so viel Angst vor der Therapie habe und dieser Weg bestimmt nicht einfach wird, bin ich aber motiviert und möchte mein Bestes geben, eine Verbesserung zu erreichen.

 

Mit all diesen Absagen fühl ich mich ganz schön im Stich gelassen. Eigentlich ist unser Gesundheitssystem eines der Besten der Welt und trotzdem bekomme ich keine Hilfe, die ich so dringend benötige. 

 

Mit drei Kliniken sind meine Therapeutin und ich noch im Gespräch. Eine Klinik in Bayern würde mich aufnehmen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Ich könnte aber dort auch nur sechs Wochen bleiben, was bei Weitem nicht ausreicht, aber das wäre zumindest mal ein Anfang. Ich bin froh, dass diese Möglichkeit besteht. Sollten die drei Kliniken, mit denen wir noch im Gespräch sind absagen, wird meine Threapeutin eine zweite Runde beginnen und ausgewählte Kliniken nochmal anschreiben.

 

Hier läuft doch irgendwas falsch?!

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Therapie... wie geht es weiter?

Wie geht es nun weiter, nachdem ich weiß, dass ich Viele bin? Diese Frage kommt oft in den Therapiestunden auf. Meine Therapeutin kenne ich nun seit ca. vier Jahren. Mir fällt es sehr schwer, Menschen zu vertrauen. Ganz zu Anfang bei meinen ersten Stunden mit meiner Therapeutin habe ich ihr gesagt, dass ich auf keinen Fall über meine Vergangenheit reden möchte. In den folgenden Jahren haben wir versucht, mich zu stabiliseren und haben meine Kindheit und Jugend weitestgehend ausgelassen. Weit kamen wir bei diesen Themen eh nie, wir konnten nichts bearbeiten, denn sobald wir auf die Themen zu sprechen kamen, kam von innen ein Verbot, ich dissoziierte, konnte und durfte nicht darüber sprechen. In der ganzen Zeit, in der ich in Therapie war, konnten wir somit nichts bearbeiten. Wir haben nur versucht, aktuelle Krisen und Schwierigkeiten zu bearbeiten. Aber auf die Dauer funktioniert das nicht, so komme ich nicht weiter. Kindheitstraumata holen mich immer wieder ein. Davonlaufen, sich einreden, dass da doch gar nichts war, Erinnerungen auf Dauer zu verdrängen und mich davon zu dissoziieren klappt eben nicht immer.

 

Meine Therapeutin und ich haben mit den Jahren eine sehr gute Vertrauensbasis aufgebaut. Ich weiß, dass sie mich sehr gut kennt und dass sie mich, wenn ich dissoziiere, zurückholen kann. Sie nimmt sich Zeit für mich und macht auch mal Überstunden, wenn ich während einer Therapiestunde dissoziiere. Selbst wenn ich zwei Stunden lang brauche wieder anzukommen. Bis jetzt konnte ich immer einigermaßen aufrecht aus der Praxis gehen bzw. rollern. Und doch haben wir noch die nötige, professionelle Therapeutin - Patientin Distanz.

 

Nun geht es mir ja schon sehr lange ziemlich mies und ich suche seit Monaten eine Klinik, die mich aufnimmt. Dies erweist sich ja als äußerst kompliziert. Diese Woche hat sich zum Glück eine Fachklinik, in der ich schonmal war gemeldet und mich zu einem Vorstellungstermin eingeladen. Es ist noch überhaupt nicht sicher, ob und wann sie mich aufnehmen. Nun kommt ein weiterer Gedanke, mit dem ich mich vor einem Klinikaufenthalt befassen muss: die Meinungen der anderen Persönlichkeiten in mir zur Therapie . Dies fällt mir sehr schwer, aber ich bin nunmal nicht alleine. Herauszuhören, was wer denkt ist Schwerstarbeit, nur wenige sind mir überhaupt bekannt bzw. machen sich bemerkbar oder schreiben mir. Die Meinungen gehen ziemlich weit auseinander. Mir persönlich geht es aber so schlecht, dass ein Klinikaufenthalt unausweichlich ist. Die Therapeuten haben mich schon darauf vorbereitet, dass manche Innies damit nicht einverstanden sein könnten und es wahrscheinlich auch deutlich machen werden. Davor habe ich große Angst, ich hoffe, dass wir in der Klinik, in einem geschützten Rahmen, ansatzweise lernen können, miteinander umzugehen.

 

Aber was kommt nach dem Klinikaufenthalt? Soll ich wieder zurück ins alte Umfeld gehen? Meine Mutter und ich sind uns sehr nah und innig, wir hocken aufeinander und meine Mutter opfert sich tagtäglich für mich auf. Unser Verhältnis ist eben kompliziert, mehr möchte ich darüber nicht preisgeben. Dass das nicht gut ist, wissen wir alle schon lange und die Therapeuten und Psychiater aus den Kliniken haben mir schon vor Jahren gesagt, dass wir mehr Abstand brauchen und ich in eine therapeutische Wohngruppe ziehen sollte. Meine Mutter ist aber auch nunmal meine einzige Bezugsperson. Meine Therapeutin hat mir auch oft ans Herz gelegt, eine Wohngruppe in Erwägung zu ziehen. Lange war das Thema ein rotes Tuch. Seit einigen Monaten habe ich mich mit dem Thema auseinander gesetzt. 

 

Der vorläufige Plan ist, nach dem Klinikaufenthalt, in eine Wohngruppe zu ziehen. Wenn wir denn eine passende finden. Das heißt aber auch, dass meine Therapeutin und ich meine Therapie beenden würden. Bei meinem Termin diese Woche hat sie mich gefragt, wie ich es denn finden würde, sie nicht mehr zu sehen, den Abschied zu feiern und mir eine neue Therapeutin zu suchen. Als meine neue Diagnose bekannt wurde, sagte sie mir gleich, dass ich ihre erste DIS Patientin bin, sie aber auch viel Erfahrungen mit Traumapatienten hat und doch begab sie sich mit mir auf neues Eis. Es war von Anfang an klar, eben weil wir eine so gute Verbindung haben, dass wir es miteinander versuchen, sie mich aber an eine spezialisierte Therapeutin verweist, sollte sie nicht mehr weiter wissen, sie es überfordern oder wenn sie denkt, dass ich bei jemand anderen einfach besser aufgehoben bin. Ich kann mir es noch überhaupt nicht vorstellen meine Therapeutin nicht mehr zu sehen und mit ihr zu sprechen. Sie hat mir auch erzählt, dass sie einen kompletten Kontaktabbruch auch nicht gut finden würde. Bei Supervisionen bei Michaela Huber hat sie ihre Kollegen gefragt, die einen Kontaktabbruch auch nicht befürworten. Wir haben bereits darüber geredet, dass ich während des Klinikaufenthalts einmal die Woche mit ihr Emailkontakt haben werde.

 

Um voranzukommen muss ich wohl oder übel Abstand zu meiner Mutter bekommen und in eine Wohngruppe ziehen. Wirklich angefreundet habe ich mich mit dem Gedanken noch nicht.  

Keine Besserung in Sicht

TRIGGERWARNUNG!

 

Es ist wieder ein weiterer Monat seit meinem letzten Blogeintrag vergangen. Ich schreibe so wenig, weil ich mich erstens so schlecht konzentrieren kann und einfach keine Kraft habe und zweitens, weil sich nichts verändert hat. Ich bin immer noch am Abgrund, auf der Suche nach Hilfe, einer Klinik die mich/uns aufnimmt. 

 

Worte zu finden die meine derzeitige Situation beschreiben, fällt mir schwer. Ich bin sehr, sehr müde. Die Depression hat mich im festen Griff, ich kann nicht schlafen und habe Albträume. Dinge wie z. B. Socken anziehen, Haare wachsen/kämmen, transfer vom Bett in den Rollstuhl... sind so anstrengend, dass ich entweder Hilfe dabei brauche oder sie gleich lasse. Meine Essstörung hat sich mal wieder etwas neues ausgedacht, von den Fressattacken bin ich wieder etwas los, jetzt wird mir vor jeglichen Lebensmitteln schlecht. Durch die extreme Überempfindlichkeit von Geräuschen darf meine Mutter nicht mehr im selben Raum essen und trinken.

Die Zwänge nehmen zu, vorallem die Zahl 3 wird immer prägnanter. Meine Mutter brachte vor ein paar Tagen den Weihnachtsschmuck aus meiner Wohnung mit. Ich wollte eigentlich gar nicht schmücken, als er aber da war musste ich es tun, das ist aber völlig nach hinten losgegangen, weil alles nicht richtig stand und als ich gemerkt habe, dass wir es nicht richtig hinstellen können, nach meinem System, habe ich mich für lange Zeit im Schlafzimmer eingeschlossen. Die Zwänge nehmen immer aberwitzigere Ausmaße an, die völlig wahllos auftreten.

Aus der Wohnung gehe ich 1x die Woche um zu meiner Therapeutin zu gelangen. Die körperlichen Schmerzen sind kaum auszuhalten. Der Körper kann sich niemals entspannen, er ist immer angespannt. Geistig gebe ich alles um Kontrolle über den Körper zu behalten. Ich fühle mich so alleine, aber die Nähe von der einzigen Person die mir nahe steht kann ich nicht ertragen. Wenn sie da ist muss ich so dagegen ankämpfen die Kontrolle zu behalten. Andere Innies beißen sie sonst, ich weiß, das hört sich absurd an. Die Tage sind für mich immer nur Bruchstücke, die vielen Amnesien machen es mir unmöglich zu wissen was ich oder andere Innenpersönlichkeiten den ganzen Tag lang machen. Vor einigen Wochen konnte ich wieder flüstern, zwar nur sehr leise, aber wenn man hinhörte, konnte man mich ganz gut verstehen, das hat sich jedoch wieder verschlimmert, sodass ich wieder nicht zu verstehen bin. Den Glauben daran, dass ich wieder selbstsändig gehen kann, habe ich aufgegeben, ohne den Rollstuhl schaffe ich die paar Schritte vom Bett ins Badezimmer nicht. 

In Bezug auf Alec und der ganzen Assistenzhunde-Geschichte plagen mich immer noch sehr starke Schuldgefühle, das macht den Selbsthass auch nicht besser.

 

Eine Ergotherapeutin war vor kurzem dreimal zum Hausbesuch da. Fremde Menschen in meinen sicheren Bereich zu lassen fällt mir unheimlich schwer, aber nach draußen in eine fremde Praxis zu gehen ging auch nicht. Meine Mutter war immer mit dabei. Beim zweiten Termin hat mir die Ergotherapeutin mitgeteilt, dass sie weg zieht. Nach kurzer Pause war vor zwei Wochen eine neue Ergotherapeutin da, die mich sofort von diesem Planeten wegtriggerte, weil sie eine gewisse Ähnlichkeit zu einer Täterin hatte. Somit hat es sich mit der Ergotherapie in meiner Wohnung auch erledigt, weil ich mich nicht mehr trauen werde, eine weitere Vertretung in meinen Bereich eintreten zu lassen.

 

Wie ich ja schon in einem der letzten Blogeinträge erwähnt hatte, gibt es nur eine Klinik, die mich aufnehmen müsste, sollte ich akute Suizidpläne entwickeln. Diese Klinik ist aber ein absolutes NoGo. (Dies ist keine Ankündigung, ich habe auch keine Pläne, aber es vergeht kein Tag an dem ich mich nicht erlöst wünschte). Vor fast vier Wochen hat meine Therapeutin bei einer Klinik angefragt, die nicht gleich abgelehnt hat. In dieser Klinik war ich 2012 schonmal und sie haben wohl auch Erfahrungen mit der DIS. Ich hatte sehr schnell meinen Bewerbungsfragebogen fertig ausgefüllt und abgeschickt, ich warte aber noch auf eine Antwort. Meine Mutter hat bereits zweimal angerufen, meine Unterlagen liegen noch beim Chefarzt. Meine Therapeutin wird sich nächste Woche erkundigen und auf die Dringlichkeit hinweisen.

 

In der Therapie haben meine Therapeutin und ich festgestellt, dass wir nichts bearbeiten können oder Probleme besprechen können, weil dies nur zusätzlich destabilisiert. Meine Therapeutin hat beim letzen Mal auch gesagt, dass sie findet, dass wir nur warten können. Auf eine Antwort von der Klinik! Auf ein Wunder? Feststeht, dass ich in einer verfahrenen Situation stecke, ohne Führung schaffe ich es da nicht raus und es wird von Tag zu Tag unerträglicher.

03.11.16

Von Tag zu Tag wird es aussichtsloser und mein Zustand verschlechtert sich zunehmend. Umso schlechter mein Zustand ist und die Symptome sind, umso weiter entferne ich mich von der Möglichkeit von einer Klinik aufgenommen zu werden. Ich frage mich, ob ich so jemals aus der Abwärtsspirale raus komme. Obwohl Deutschland ja eigentlich ein sehr gutes Gesundheitssystem hat, im Vergleich zu manch anderen Ländern. ... „Ich möchte doch nur in die Klapse.“

Aufgeschmissen in der Krise?

Trigger- und Jammerwarnung!

 

Lange Zeit habe ich einen weiteren Klinikaufenthalt strikt abgelehnt. Von meinen drei vorherigen stationären Aufenthalten habe ich viele schlechte Erfahrungen mitgenommen. Nun habe ich mich doch dazu entschieden, wieder in eine Klinik zu gehen, weil es so wie es jetzt ist, einfach nicht mehr weiter geht. Die niederschmetternden Antworten von 12 Kliniken, die meine Therapeutin angerufen hat war jedesmal: "Nein, mit einer Dissoziativen Bewegungsstörung und Dissoziativen Mutismus kann ich nicht aufgenommen werden". Die einzige Klinik, die mich aufnehmen muss, wäre meine hiesige Akutklinik. Dort gibt es hauptsächlich Vierbettzimmer und alle Krankheitsbilder werden auf einer Station zusammen geschmissen, auch fremdgefährdende und traumatisierte Menschen. Ich war 2012 schon einmal dort und es war einfach nur wie in einem schlechten Horrorfilm. Dort hinzugehen ist also absolut keine Alternative!

 

Es ist ganz klar, dass ich nicht alleine leben kann, weil ich es nicht schaffe, ausreichend für mich zu sorgen. Nach langem guten Zureden meiner Therapeutin habe ich den Gedanken zugelassen, in eine therapeutische Wohngruppe zu ziehen. Aber auch da stoße ich nur auf Ablehnung, weil die meisten Einrichtungen grundsätzlich nur stabile Menschen ohne Gehbehinderungen nehmen und ich dort zum Beispiel selbstständig einkaufen gehen müsste. 

 

Seit Ende Juni sitze ich dauerhaft im Rollstuhl. An manchen Tagen schaffe ich es zu Fuß vom Sofa ins Bad zu gehen, an den meisten Tagen klappt noch nichtmal das. Auf dem Foto seht ihr meinen eigenen, maßangefertigten Aktiv-Rollstuhl, der zum Glück sehr schnell von meiner Krankenkasse genehmigt wurde und innerhalb von zwei Wochen geliefert wurde. Der dissoziative Mutismus (Unfähigkeit zu sprechen, ohne eine körperliche Ursache) besteht weiterhin, eine Kommunikation ist entweder nur mit Zettel und Stift möglich oder im sehr leisen Flüsterton.

 

Ich komme aus der blöden Krise, in der ich schon seit Juni stecke, einfach nicht raus. Seit Monaten hat mich die schwere Depression fest im Griff, mein Schlafrhythmus ist komplett aus dem Ruder geraten, ich habe chronische Suizidgedanken, vor Allem und Jeden habe ich panische Angst, ich dissoziiere ständig, die Zwänge werden immer mehr und ich habe fürchterliche Schmerzen. Ich bin so müde. Hilfe bekomme ich nur von meiner Therapeutin und meiner ambulanten Betreuerin und ihrem Stellvertreter, wofür ich sehr dankbar bin.

 

Ich habe viel darüber nachgedacht, ob dies wirklich eine Krise ist, denn eigentlich ist es zu einem Normzustand geworden. Ein Zustand, der über 2 Jahre anhält. Was sich wirklich seit Juni 2016 nochmal verstärkt hat ist, dass die Depression sich ordentlich verschlechtert hat (obwohl ich vorher auch dolle Depressionen hatte). Neu ist, dass ich dauerhaft im Rollstuhl sitze und nicht sprechen kann (diese Symptome traten vorher aber auch immer mal wieder, aber für kürzere Zeit auf). Alle anderen Symptome sind der ganz normale Alltag.

 

Ich habe nun einen Antrag auf Feststellung der Erwerbsminderung bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt, da ich immer noch ALG 2 bekomme und alle 6 Wochen eine neue Krankschreibung von meinem Psychiater brauche. Es ist ja auch wirklich nicht abzusehen, dass ich in 6 Monaten wieder arbeitsfähig bin.

Vom Widerspruchsverfahren bei dem Versorgungsamt zur Feststellung der Schwerbehinderung habe ich immer noch nichts weiteres gehört, obwohl ich schon Anfang August bei der Gutachterin war.

Ich habe vor kurzem eine neue Stellungnahme meiner Therapeutin bekommen, dort steht zum ersten Mal die Diagnose Multiple Persönlichkeitsstörung schwarz auf weiß. Zwei Therapeuten haben die Diagnose unabhängig voneinander bestätigt. Es fällt mir jedoch sehr schwer mich damit abzufinden, sehr oft zweifle ich es an, viele zu sein.

 

Die Lage sieht also ziemlich besch*** aus und keiner weiß so richtig wie es weiter gehen soll. Ich bin mit meinen Kräften schon lange am Ende, aber irgendwie muss es ja weiter gehen, auch wenn ich keine Perspektive habe. Ich gehe weiter regelmäßig zu meiner Therapeutin und sie versucht mir zu helfen, damit ich fit für die Klinik werde. Etwas anderes bleibt mir ja auch nicht übrig. 

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Update und eine Treppenhausgeschichte

Ich kann gerade keine Nachrichten beantworten

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Die letzten drei Wochen

Wieder mal ein kleines Update zu uns. Mir geht es immer noch sehr bescheiden. Ich bin seit drei Wochen nun stumm und brauche immer noch den Rollstuhl um mich fortbewegen zu können. Die Depression hat die Zügel auch angezogen. Viel Training mit Alec konnte ich deswegen leider nicht machen. Ich versuche immer, kleine Übungen zu Hause einzubauen. An Alec merke ich total wie ihm das Trainieren fehlt. Ich habe einen kleinen Schnüffelteppich gebastelt, damit er was zu tun hat. Meine Mutter muss weiterhin das Gassigehen übernehmen, manchmal schiebt sie mich mit, aber das ist sehr anstrengend für sie. Alec freut sich immer, wenn er merkt, dass ich mal wieder mitkomme. 

 

An zwei Tagen habe ich es geschafft, durch einen Laden zu gehen, danach sind mir die Beine aber sofort wieder weggeknickt. An einem Tag waren wir im Futterhaus und an einem anderen sind wir durch einen Baumarkt gelaufen, Alec war dabei einfach spitze. Da ich ja so wenig mit ihm trainieren kann, hätte ich das gar nicht gedacht, aber er hat nicht einmal irgendwo dran geschnüffelt und lief die ganze Zeit ruhig neben mir und hat super geblockt. 

 

Gestern waren wir am Vormittag das erste Mal bei einer Hundespielgruppe, die von einer Hundetrainerin geleitet wird, Alec ist super sozial und hatte riesen Spaß mit den vielen Hunden zu spielen, das hat ihm sehr gefehlt. Nach über einem halben Jahr war ich gestern Abend mit meiner Mutter und Alec beim Friseur. Die Frauen sind unglaublich freundlich und verständnisvoll. Weil ich Angst vor Spiegeln habe, wurde der Spiegel für mich extra abgedeckt. Es hat aber leider alles nichts gebracht, weil angefasst zu werden und Menschen, die durcheinander reden und hinter mir umherlaufen für mich unerträglich sind. Deswegen bin ich komplett abgeschmiert und war für einige Zeit erstarrt (Dissoziativer Stupor). Das passiert mir ja sehr häufig, aber da war mir das extrem peinlich. Nachdem Alec sich zuerst sehr ablenken ließ, lag er neben meinem Stuhl. Er ist noch nicht soweit, dass er Dissoziationen erkennt. Meine Mutter hat ihn dazu gebracht, Kontakt mit mir aufzunehmen, an meinen Händen zu schlecken und mich mit der Pfote anzustubsen. Dadurch kam ich wieder etwas mehr in den Körper zurück und konnte ihn dann streicheln. Ich habe mich zu ihm auf den Boden gesetzt und ihn mit Leckerlies dazu gebracht, dass er sich mit mir beschäftigte und sich auf mich legte. Alec und ich brauchen einfach noch mehr Zeit, eine engere Bindung aufzubauen, damit Alec auch Dissoziationen bemerkt und Lust hat, selbstständig den Kontakt zu mir aufzunehmen.

 

Sonntag fahren wir endlich mal wieder nach Lindau und besuchen unsere Trainerin und die ehemalige Patenfamilie, in der Alec aufgewachsen ist. Das wird bestimmt schön, wenn Elvis und Alec sich wieder sehen, die waren ja von Anfang an beste Hundekumpels. Ich hoffe es klappt mit der Verständigung, denn momentan sieht es nicht so aus, als würde bis dahin meine Stimme wieder kommen.

 

Nächste Woche besucht uns eine Angestellte meiner Krankenkasse, denn wir wollen Pflegegeld beantragen. 

30.06.2016

Ich muss da mal was loswerden. In den letzten Wochen habe ich ja recht wenig über uns geschrieben, vor allem weil ich Angst habe jemanden mit meinen ganzen Sachen zu nerven oder gar zu triggern. Aber ich muss jetzt echt mal sagen, dass ich wirklich so froh bin, meine Mutter zu haben, die mich unterstützt. Nur weil Alec jetzt da ist, heißt es ja nicht, dass plötzlich alles besser ist. Eher im Gegenteil, versteht mich nicht falsch, ich habe meinen Schokobär sehr in mein Herz geschlossen. Das Rausgehen, Menschen auf der Straße begegnen, das Assistenzhundetraining und das ganz normale Hundetraining hat mich sehr überfordert. Ich habe sehr große Selbstzweifel, die anderen Personen in mir veranstalten ein riesen Chaos und ich habe große Angst, Alec nicht das bieten zu können, was er braucht. Hätte ich meine Mutter nicht an meiner Seite, wüsste ich nicht was jetzt passieren würde. Vor allem auch in der Hinsicht, dass ich mal wieder komplett flach liege, stumm bin und kein Gefühl in meinen Beinen habe. Ich brauche immer wieder sehr intensive Hilfe z. B. eben auch dabei, vom Sofa auf den Bürostuhl zu kommen (der als Rollstuhl dient). Da wird mir wieder sehr bewusst, wie wichtig es ist eine Begleitperson zu haben, wenn man sich für einen Assistenzhund entscheidet. Ich möchte natürlich so viel wie irgendwie möglich selber machen, aber ohne sie würde ich jetzt z. B. auch nicht wissen wie ich mit Alec Gassi gehen könnte. Danke Mama, ich bin froh, dass es dich gibt!

"Ohne Worte"

Immer mal wieder bin ich bedingt durch Dissoziationen stumm. Genauso wie ich durch die Dissoziative Bewegungsstörung meine Beine nicht bewegen kann, bin ich auch manchmal unfähig zu sprechen. Mein Mund ist total verspannt, die Zunge klebt am Gaumen fest und die Stimmbänder funktionieren nicht. Wörter zu bilden ist einfach zu anstrengend und manchmal fehlen mir auch einfach die Wörter, um einen vollständigen Satz zu bilden. Ich kann nie genau wissen, wie lang das anhält .. Stunden?..Tage?.

 

Als ich vor ein paar Wochen eine ganze Therapiestunde mit meiner Therapeutin nur mit  Zettel und Stift kommuniziert habe, meinte sie, ich muss versuchen es einfach zu akzeptieren. Radikale Akzeptanz ist nur nicht ganz so leicht. 

 

Gestern habe ich etwas Böses zu meiner Mutter gesagt, deshalb entwickelte sich wieder die Stummheit. Heute kann ich mich bis jetzt nur mit Zeichensprache und Zetteln verständlich machen. Sowohl bei der Bewegungsstörung als auch in Phasen, in denen ich komplett stumm bin, ist die Panik nie weit weg. Dieser Kontrollverlust ist einfach beängstigend. Aber schließlich habe ich in solchen Phasen gar keine andere Wahl als es zu akzeptieren, das funktioniert zwar nicht immer, aber was bleibt mir Anderes übrig! 

 

Um Hilfe bitten und sie auch bekommen

Ich hatte ja schon mal erwähnt, dass ich glücklicherweise ein ganz tolles Team um mich herum habe. Bestehend aus meiner Psychotherapeutin, meine ambulante Betreuerin und meinem Psychiater. Alle drei sind sehr engagiert und helfen mir wo es auch geht. Ich möchte Euch erzählen, wie ich nach Hilfe gefragt habe und sie vor allem bekommen habe.

 

In den letzten Tagen ging es mir so schlecht, dass ich Nachts um 3 Uhr meine Therapeutin angeschrieben habe und um Hilfe gebeten habe. Meine Therapeutin und meine Betreuerin wissen beide, dass es mir grottig gehen muss, wenn ich um Hilfe bitte, denn das fällt mir nach all den Jahren immer noch sehr, sehr schwer. Meine Therapeutin schrieb mir gleich nachdem sie aufgestanden war um 6 Uhr morgens zurück. Mit meiner Betreuerin habe ich sogar eine Sondervereinbarung, dass ich einfach ein "." oder "!" per SMS an sie schicken kann, wenn mir keine Worte einfallen.

 

Als Betroffene, der es sehr schwer fällt Vertrauen aufzubauen und die immer Angst hat, jemandem zur Last zu fallen, ist es so wichtig, ein beständiges und funktionierendes Team zu haben. Ich kann mich auf sie verlassen und das ist ein riesen Schritt für mich!

 

Meine Therapeutin bot mir also per SMS an, dass wir unseren Termin von Freitag auf heute (Mittwoch) vorziehen können. Wie immer war sie unglaublich verständnisvoll, engagiert und tat ihr Bestes, mir mit meinem Leiden zu helfen und Wege zu finden wie ich mir selber zu Hause Linderung verschaffen kann. 

Von sich aus kam sie auch auf den Fonds für Sexuellen Missbrauch zu sprechen. Sie hatte schon mit dem Vertreter des Weißen Rings hier in meiner Stadt telefoniert, der auch bei Antrag-stellungen hilft und berät. Nun besteht die Möglichkeit, dass der Mann vom Weißen Ring zu uns in die Therapie kommt und mir beim Ausfüllen des Antrages hilft. Schon seit bald einem Jahr befinde ich mich ja in Therapiepause und muss noch ein weiteres Jahr warten, bis es weiter geht, da meine Krankenkasse die Therapie nicht mehr zahlt. Somit kann ich nur zweimal im Monat für 25 Minuten zu meiner Therapeutin. Das ist natürlich viel zu wenig! Durch den Fonds könnte ich also nicht nur Geld für Alec's Ausbildung bekommen, sondern eben auch die dringend benötigte intensive (Trauma-)Therapie.

Zusätzlich hatte meine Therapeutin von sich aus Kontakt zu einer Ergotherapeutin in Hamburg aufgenommen, die sich auf den Umgang mit Menschen mit einer schweren Dissoziativen Störung spezialisiert hat. Beim nächsten Termin bei meinem Psychiater werde ich also mal fragen, ob er mir Ergotherapie verschreiben könnte. Das würde mir sicherlich auch sehr helfen. 

 

Dieses Verhalten von meiner Therapeutin war wirklich einsame Spitze! Es ist nicht selbstverständlich, dass Therapeuten sich so ins Zeug legen: immer neue Therapien finden und sie ständig an die Patientin anpassen und von sich aus andere Möglichkeiten suchen. Sowas hilft mir, mein Vertrauen immer wieder ein kleines Stückchen mehr aufzubauen. Und beim nächsten Notfall fällt es mir vielleicht wieder etwas leichter um Hilfe zu bitten und sie anzunehmen!

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27.03.2016

Ich wünsche Euch allen Frohe Ostern! Ich hatte heute lieben Besuch von Janika und ihrem schwarzen Labbie Casbah. Die Streicheleinheiten mit Casbah, der schon etwas grau um die Schnute ist, taten mir echt gut. 

 

In den letzten Tagen ging es mir sehr schlecht. Ich konnte tagelang nicht sprechen und bin ständig von einer Dissoziativen Erstarrung in die nächste Panikattacke gerutscht. Da haben meine Beine auch wieder schlapp gemacht. Heute als ich mit Janika, ihrem Casbah und meiner Mutter am Elbstrand war wurde ich leider auch wieder von einem unfreundlichen Mann getriggert. Uff! Naja, ich versuche weiter durchzuhalten. Einen tollen Hund in meiner Wohnung zu haben war sehr schön und ab dem nächsten Wochenende sind wir ja schon in unserer Ferienwohnung mit Alec.

Realitätschecks

Wie viele andere PTBS Betroffene, habe ich oft heftige Albträume. Heute morgen wusste ich nach dem Aufwachen nicht mehr, ob das, was ich geträumt habe, wahr ist oder nicht. Realitätschecks helfen, wieder im Hier und Jetzt anzukommen.

 

Ich habe hier mal ein paar Tipps die mir persönlich helfen.

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04.03.

Heute habe ich seit langer Zeit mal wieder meine Wohnung verlassen und bin jetzt in der Wohnung meiner Mutter. Für Alec war ich heute sogar im Futterhaus und habe für ihn und seinen Kumpel Elvis ein neues Tau geholt.

 

Danach war ich noch mit meiner Mutter bei Media Markt. Dort war es aber ziemlich schwer für mich, denn dort wurde ich schnell reizüberflutet. Die ganzen Fernseher, gleichzeitig spielende Lieder, Dauerbeschallung, die Menschen und dabei noch aussuchen und entscheiden was ich haben möchte. Mir fiel es echt schwer im Laden zu bleiben und ich bekam schlecht Luft. Ich habe mir dann die meiste Zeit die Ohren zugehalten, mit dem Blick nach unten folgte ich dissoziiert den Schritten meiner Mutter. Ich habe es aber zum Glück geschafft alles zu bekommen, was ich wollte. 

 

Jetzt habe ich eine brandneue Kamera und einen MP3 Player. In Zukunft gibt es dann Fotos in besserer Qualität und nicht mehr diese nervigen Handy-Fotos. Vielleicht entdecke ich ja mein altes, verschollenes Hobby, das Fotografieren wieder. 

 

Ich freue mich so doll auf morgen, nach drei Wochen sehe ich endlich Alec, Elvis, Kathrin und ihre Familie wieder.

02.03.

 

Ich habe mich sehr über Euer positives Feedback zu dem Zeitungsartikel gefreut. Am Samstag fahre ich auch endlich wieder zu Alec hin, dann gibt es auch wieder neue Bilder und Infos zu dem Ausbildungsstand.

 

Der Besuch wird mir hoffentlich gut tun, denn mir geht es sehr schlecht. Ich habe gerade mal wieder eine Phase, in der ich noch nicht einmal den Kontakt zu meiner Mutter ertrage. Ich bin schon seit Wochen komplett isoliert in meiner Wohnung. Ich kann momentan auch nur sehr bedingt auf Nachrichten antworten.

 

Trigger!

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Das Gefühl von: "Oh mein Gott, es ist so furchtbar in meinem Körper zu leben, ich will mir die Augen auskratzen und schreiend weglaufen" hört einfach nicht auf.

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Stupor im Einkaufszentrum

Nachdem ich Alec vier Wochen nicht gesehen hatte, konnte mich das schlechte Wetter am Samstag 23.01. nicht abhalten zu ihm zu fahren. 

 

Als meine Mutter und ich ankamen, wurden wir herzlich von Kathrin begrüßt. Alec war noch ein Stockwerk höher und hörte nicht, dass Besuch da war. Ich rief ihn und als er ankam und merkte, dass ich es war, hat er sich riesig gefreut, er hat sich fast nicht mehr eingekriegt, so freudig war er. 

 

Als wir einen Kaffee getrunken haben, kam Kati auch noch dazu. Kati wollte im Einkaufszentrum Block (von vorne absichern) Check (von hinten absichern) und Tick (auf Kommando mit der Pfote anstupsen) üben. Dort war es jedoch extrem voll und wir mussten das Training auch schnell wieder abbrechen, denn ich war im Dissoziatven Stupor

 

Im Auto auf dem Rückweg, saß Alec vor mir im Fußraum. Alec hat sich sehr gut auf mich konzentriert und wir haben "Schau" - mir in die Augen schauen und "Tick" geübt. Zu der Zeit war ich immer noch nicht wieder richtig da, aber Alec hat mir sehr gut geholfen. Er ist dann irgendwann mit den Vorderbeinen auf meinen Schoß gestiegen, hat meine Hände abgeschleckt und sich angekuschelt. So konnte ich sein Gewicht auf meinen Beinen spüren. Das hat bewirkt, dass ich viel schneller wieder in meinen Körper kommen konnte, mich bewegen und sprechen konnte. Ohne ihn hätte ich wahrscheinlich Stunden gebraucht um die Lähmung zu durchbrechen. Er hat es im Auto geschafft, dass ich in etwa 20 Minuten wieder ansprechbar war. Fantastisch!!!

 

Als wir wieder bei Kathrin auf dem Hof ankamen, konnte ich noch mit einem Pony kuscheln, ein weiterer Reiz, der mich wiederbelebt hat. Danach saßen wir noch eine Weile zusammen und Alec und ich haben es geschafft zusammen zu entspannen.

 

Ihn wieder zu verlassen fiel mir sehr schwer, aber die gute Nachricht lautet, dass ich Alec vom 12. - 15.02 mit zu mir nehmen werde. Ich freue mich riesig darauf, ihm sein Zuhause zu zeigen. Das Wochenende wird uns beiden Zeit geben, noch mehr aneinander zu wachsen.

 

Ansonsten ist noch zu berichten, dass er jetzt mit seinen 6 Monaten eine Schulterhöhe von 55 cm hat und etwas abgenommen hat und jetzt ca. 25 kg wiegt. Er wurde dann doch etwas moppelig. Labbi-Staubsauger! 

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Stoff für das Hundebett

So jetzt gibt es endlich mal wieder ein Update von mir. Mir ging es unverändert, sehr schlecht und ich habe mich mal wieder ziemlich zurückgezogen. Die Depression, der Selbsthass und Selbstzweifel sind einfach zu stark, ich komme da einfach nicht raus. Ich habe sogar mal wieder Medikamente ausprobiert, obwohl ich absolut dagegen bin und riesige Angst davor habe. Die Geschichte wiederholte sich auch nur wieder und ich hatte wie damals, als ich Medikamente nahm, wieder nur Nebenwirkungen gehabt, deshalb habe sie auch schnell wieder abgesetzt.

Alec habe ich jetzt vier Wochen nicht mehr gesehen und das war echt eine viel zu lange Zeit, ohne mein Schokobärchen.

 

Nunja, morgen, am Samstag, ist es endlich wieder soweit. Gemeinsam mit meiner Mutter fahre ich zu ihm und Kathrin. Wir werden dann auch besprechen, wann Alec das erste Mal ein ganzes Wochenende bei mir verbringen wird. 

 

Heute war ich mit meiner Betreuerin in der Innenstadt. Wir haben in einem Stoffladen Stoff für Alec’s Hundebett gekauft. Denn gemeinsam mit ihr werde ich für Alec ein Hundebett nähen, das im Wohnzimmer liegen wird. Ich bin echt gespannt wie das wird. Ich finde es ist eine nette Idee, denn nicht nur hat Alec dann ein hübsches selbstgemachtes Bett, sondern für mich ist es auch eine Beschäftigungstherapie. Ich halte Euch auf dem Laufenden, ich hoffe das Bett wird was, das letzte Mal habe ich in der 7ten Klasse genäht :D.

Ansonsten war es in der Innenstadt sehr schwierig für mich, ich war seit Wochen mal wieder draußen. In der Stadt habe ich auch ordentlich Panik bekommen, im 1€ Laden war es sehr eng und eine Frau drängte sich an mir vorbei und es war sehr laut, denn ein Gebäude wurde abgerissen. Da gab es mal wieder eine heftige Reizüberflutung. Nachdem ich wieder etwas besser atmen konnte und mich etwas beruhigen konnte, ging es dann in die Dissoziation rein. Ich habe meine Beine nicht mehr gespürt, konnte schlecht gehen, die Gebäude um mich herum kamen mir riesig vor und die Welt war verlangsamt. Ich habe mich von allem getrennt gefühlt. Auch wenn das ein täglicher Zustand ist, macht es mir jedesmal Angst. Zum Glück wurde es besser als ich zurück nach Hause kam.

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"Es ist nicht alles Gold, was glänzt."

Trigger!

 

Ich muss einfach mal ein paar Gedankengänge loswerden. Vielleicht hilft es anderen Betroffenen oder Angehörigen, psychische Krankheiten besser zu verstehen.

 

Unsichtbare Krankheiten sind ein schwieriges Thema. Außer wenn ich im Sommer T-Shirts trage sieht man mir nichts körperliches an. Denn außer den Narben, die meinen täglichen inneren Krieg zeigen, sehe ich ganz normal aus. Oft schaffe ich es sogar, ganz normal mit Menschen zu reden. Bei Freunden und Bekannten lächel ich und gerade erst zu Weihnachten wurde ich wieder von meinem Stiefbruder gefragt: "Geht's dir gut?" Die Frage war durchaus berechtigt, denn ich sah freudig aus und unterhielt mich ganz normal. Doch können Außenstehende nicht wissen, dass ich bei dieser Frage schreien, weinen und mir am liebsten die Haare ausreißen will. 

 

Niemand sieht wie schlecht es mir wirklich geht! Wie ich jede Nacht mit Bildern, Erinnerungen und auch dem Unwissen kämpfe. Wie ich mich die ganze Nacht im Bett wälze bis ich für kurze Zeit einschlafe, nur um dann wieder durch Alpträume aufzuschrecken. Wie ich mir jeden Tag denke "Verdammt, morgen muss ich schon wieder den ganzen Tag mit mir verbringen". Die Selbstzweifel, der Selbsthass und der Ekel vor mir sind immer da. So oft am Tag muss ich sehr stark gegen Impulse ankämpfen, wie z. B. den Spiegel wegen meines Spiegelbildes nicht zu zerschlagen und mir nicht in aller Öffentlichkeit gegen den Kopf zu hauen, wenn ich wütend auf mich bin, wenn ich denke, irgendetwas falsch getan zu haben, oder ein Triggergeräusch gehört habe. Menschen können meine Angst und Panik nicht sehen, die immer präsent ist. Ich habe gesehen, zu was manche Menschen in der Lage sind, jetzt sind alle eine potenzielle Bedrohung.

 

Niemand sieht meine innere Qual, mit der ich jeden Tag lebe. Die Schmerzen, die mich auseinander reißen.

 

Bei allem Sozialen bin ich unsicher. Nachrichten oder Emails verschicke ich mit pochendem Herzen und nachdem ich mindesten 10 mal  meine Mutter gefragt habe, ob so alles in Ordnung ist. Die Empfänger wissen nicht, wie viel Schweiß, Angst und Anspannung alleine hinter einem "Schön, das freut mich für dich" steckt. Über Gespräche grübel ich tagelang und wenn ich denke, dass ich etwas Falsches gesagt habe, muss ich lange Zeit meine eigene Wut spüren.

Generell versuche ich so wenig wie möglich aufzufallen oder jemandem zur Last zu werden. Mich hat keiner verdient. Schon wenn ich ein Kompliment bekomme, stellt sich alles in mir auf und etwas in mir fängt an, mich zu beschimpfen.

 

Ich weiß, dass es für nicht Betroffene unvorstellbar ist, so große Selbstzweifel und Selbsthass gegen sich zu haben um so weit zu gehen, sich selber bestrafen zu müssen. Ich habe mir schon Dinge angetan, wofür jeder Andere eine Anzeige kassiert hätte. Aber das ist es ja. Ich habe Täteranteile übernommen. Die Täter in mir gehen immer noch gegen mich vor und beherrschen mich. Seit Dezember habe ich eine neue Diagnose bekommen: Dissoziative Identitätsstörung. Außer meiner Therapeutin sind sich alle in meinem Umfeld unsicher, ob ich wirklich multipel bin, vor allem ich tue mich schwer mit der Diagnose.

 

Ich habe mich nach langer Zeit, in der ich alles mögliche gegen mein Leben unternommen habe, dafür entschieden, weiter zu kämpfen. Bevor Alec ins Bild kam, war der einzige Grund dafür meine Mutter. Nur weiter zu leben um einer Person nicht alles zu rauben, wird trotz aller Vorsätze auf Zeit schwer. Nun weiß ich, dass mein Assistenzhund ausgebildet wird. Der Gedanke an den Suizid begleitet mich aber trotzdem immer noch täglich und ich weiß auch nicht, ob der Gedanke jemals ganz fortgehen wird. Die Tage an denen die Gedanken leiser sind, überwiegen, an anderen Tagen sind sie lauter. Doch ich wünsche mir sehr, dass sie nie wieder so laut werden, dass ich nichts anderes mehr hören kann.

 

Niemand kann mir sagen, wie ich richtig leben kann. Aber mit Alec habe ich einen zweiten Lebensanker gewonnen. Ich vertraue darauf, dass ich durch ihn wieder mehr ins Leben finde. An ihn und meine Mutter kralle ich mich, so fest ich kann. Aber es ist ein täglicher Kampf. Ob er je endet? Ich weiß es nicht. Ich glaube, dass einige Wunden zu tief sind und niemals ganz verschwinden. 

 

Ich könnte noch so viel mehr schreiben, was man mir alles nicht ansieht. Hier gab es erstmal einen kleinen unverblümten Teil. Ich weiß, dass einige Äußerungen sehr, sehr hart klingen. Etwas positives über mich sagen darf ich nicht. Und ich habe es auch mit jahrelanger therapeutischer Unterstützung noch nicht hinbekommen, besser mit mir umzugehen, über mich zu reden oder auch nur irgendetwas in der Art zuzulassen. 

 

Das alles aufzuschreiben fiel mir sehr schwer und danach konnte ich mich durch eine Dissoziation stundenlang nicht bewegen. 

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Training auf dem Weihnachtsmarkt

Was ist denn da alles passiert?

 

Ich war gestern am 20.12. wieder bei Alec. Der Tag fing leider so gar nicht gut an, denn am Vortag wurde ich durch einen Artikel, den ich auf Facebook gesehen habe sehr doll getriggert. Die Nacht durch hatte ich immer wieder Flashbacks - schlimme Bilder im Kopf, von etwas, das ich mal wieder vorher nicht wusste. Oft bin ich durch mein eigenes Wimmern im Schlaf und weil ich um mich schlug aufgewacht. Nachdem ich kurz eingeschlafen war, fing ein Idiot um 6 Uhr morgens an draußen Lärm zu machen. Alles in allem war es keine gute Nacht. Verschlafen habe ich dann leider auch noch. Wir wollten um 9 Uhr losfahren, konnten wegen mir dann aber erst um kurz vor 10 Uhr los. 

 

Angekommen bei Alec, begrüßte er mich wieder stürmisch. Es ist so toll, dass er mich wiedererkennt. Diesmal war Kati auch mit von der Partie, denn wir wollten zusammen auf dem Weihnachtsmarkt in Kiel trainieren. Aber erstmal gab es Kaffee für mich und Kuscheleinheiten für Alec. Ich habe mich schon lange darauf gefreut, Kati endlich mal wieder zu sehen, das war total schön, denn wir hatten uns seit Anfang Oktober nicht mehr getroffen.

 

Eigentlich war ja geplant, dass uns wieder das Filmteam begleiten sollte, nur hatten sie nicht mehr rechtzeitig das Ok vom Sender bekommen. Deshalb wurde der Drehtermin nochmal verschoben.

 

Ich versuche mal, das ganze Geschehen zusammen zu puzzeln, was wir auf dem Weihnachtsmarkt in Kiel alles gemacht haben. Es macht mir ziemlich große Angst, denn Erinnerungen habe ich nicht viele, und die Erinnerungen an meine persönlichen Gefühle passen überhaupt nicht mit dem, was mein Körper alles erreicht hat zusammen. Meine Mutter hat ihre Sicht des Tages aufgeschrieben und ich meine. Auf jeden Fall war ich danach völlig ko. aber das ist normal nach einem Training.

 

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Zeitlücken

Ich möchte niemandem auf die Nerven gehen, indem ich hier rum jammere. Mein Muster mich dann eher ganz zurückzuziehen muss ich noch lernen zu durchbrechen und ein gutes Mittelding finden. Es ist ja auch meistens nichts Neues. Erinnerungslücken machen mir momentan besonders zu schaffen. Mein Kurzzeitgedächtnis ist grottig, wenn ich mir die Dinge nicht sofort aufschreibe habe ich sie nach einer Minute wieder vergessen und ständig fehlen mir ganze Stunden, das macht mir jedes mal große Angst. Neben meinem Laptop liegt seit ein paar Tagen ein Zettel auf dem draufsteht wie viele Tage ich noch durchhalten muss bis ich Alec wiedersehe. Ohne den Zettel vergesse ich sogar das! Dass mir ständig meine Umwelt fremd vorkommt und ich mich dadurch schon mehrmals verlaufen habe macht es auch nicht besser. Dazu kommt oft die Frage „Ist das mein Bein, welches da neben mir liegt und wird es mich tragen, wenn ich jetzt aufstehe?“ oder "Was macht diese Hand da?“ - das nennt sich Depersonalisierung, ich komme mir selber fremd vor. Ich kenne es und weiß vom Kopf her auch, dass es zu mir gehört und trotzdem ist es sehr unangenehm und beängstigend. Diese ständigen Dissoziativen Zustände sind sehr anstrengend und ich muss sehr dagegen ankämpfen nicht in alte schädigende Verhaltensweisen abzurutschen. Eben war ich kurz draußen. Nach mehreren Tagen in denen ich meine Wohnung nicht verlassen habe musste ich mal wieder frische Luft schnappen. Da habe ich glatt wieder Panik bekommen als ich an gackernden Jugendlichen vorbei gegangen bin. Ich habe versucht mir bildlich vorzustellen wie Alec neben mir läuft, dass hat etwas geholfen. Ich finde es wirklich erstaunlich wie alleine der Gedanke an ihn mir hilft.

 

Worauf ich mich wirklich freue ist, dass ich Alec diesen Monat glatte dreimal sehen werde! Jetzt am 5. ist der erste Termin. Am 20. ist der nächste Drehtermin für die Reportage und an meinem Geburtstag am 27. fahren meine Mutter und ich auch zu ihm. Ich gebe wirklich nicht viel auf meinen Geburtstag, wenn wir nicht nach Schleswig Holstein fahren würden, würde ich den Tag im Bett verbringen. Aber die Aussicht meinen Geburtstag mit Alec, Kathrin und ihrer Familie und dazu noch Kati zu verbringen ist wirklich ein schöner Gedanke.

 

Am Wochenende gibt es dann auch wieder neue Bilder und Bericht von dem mittlerweile ziemlich frechen Kerlchen grin emoticon. Ich wünsche Euch weiterhin eine schöne Weihnachtszeit!

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Erster Schneespaß und kranke Katze

Am Sonntag hat es ja in fast ganz Deutschland geschneit, und so hat Alec an dem Tag auch das erste Mal Schnee gesehen. Es hat ihn überhaupt nicht davon abgehalten mit seinen Hundefreunden zu spielen. :)

 

Vom 7.11 - 8.11 war Alec gemeinsam mit Kati, Kathrin und anderen Hunden auf einer Gesundheitsmesse. Dort konnte er zeigen, dass was er schon alles drauf hat. Sogar mit großer Ablenkung bei einer Vorführung hat er alle Kommandos bravourös ausgeführt.

 

Gleich am nächsten Tag war er mit seinen Trainerinnen bei einem Feuerwehrtraining. Sturm, Regen, laute Geräusche, Männer in Uniformen - alles kein Problem für Mr. Cool. Das Training steht mit auf dem Ausbildungsplan, damit er, sollte es einmal einen Notfall geben, keine Angst vor den Feuerwehrmännern und den Geräuschen hat bzw. sie schon mal gesehen hat.

 

Am 14.11. war ich auch mal wieder bei ihm, er ist wieder so in die Höhe geschossen, aber vor allem ist er schwer geworden. Zu dem Zeitpunkt wog er 18 kg! Ach du dicker Hund, er wird auf jeden Fall ein Brocken sein, wenn er ausgewachsen ist. Das finde ich super, umso besser kann er abblocken und mehr Platz verschaffen. Sein erster Backenzahn ist jetzt locker, ich hab ihm natürlich neues Spielzeug mitgebracht worauf er ordentlich drauf rum-kauen kann. Er war wie immer super toll, wir waren in einer kleinen Stadt in der nichts los war. Dort durften wir im Rossmann üben. An der Leine laufen läuft klasse. Bleib-Übungen und hinter mir absetzen läuft auch schon echt gut. Wir haben auch noch in einem Bistro etwas gegessen. Nach kurzer Eingewöhnungszeit, legte er sich dann auch ruhig hin. Vor allem ich muss es aber noch lernen. Aber mit Kathrin, die dabei war, fühl ich mich sicher. Zusammen mit Alec werde ich das auch lernen.

 

Mitte Dezember steht auch wieder der nächste Drehtermin für die Reportage an. Sie wollen diesmal auf einem Weihnachtsmarkt drehen. Oh weia, solche Veranstaltungen mit so vielen Menschen sind ja extrem schwierig für mich. Ich werde ja nicht alleine sein, aber trotzdem macht mich das jetzt schon ziemlich nervös. Ich versuche es wieder einfach auf mich zukommen zu lassen.

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Trigger

 

An meiner Situation im allgemeinen hat sich nichts weiter verändert. Ich möchte nicht andauernd schreiben, wie schlecht es mir geht. Das wird ja auch irgendwann langweilig. Da schreibe ich lieber nichts. Mein Alltag besteht darin auf das Ende des Tages zu warten. Betroffene werden es wahrscheinlich verstehen, Menschen die dieses Gefühl nicht kennen, können das ganze Ausmaß zum Glück nicht einsehen und das ist auch gut so. Das wünsche ich niemanden.

 

Meine geliebte Katze "Miss Marple" die bei meiner Mutter wohnt ist in den letzten Tagen sehr krank geworden und ich glaube, dass sie es nicht mehr lange schafft. Sie ist schon seit einer halben Ewigkeit bei uns, sie stammt eigentlich aus einer Zeit die die Hölle war und am Anfang hat sie auch immer eine böse Person für mich verkörpert. Aber irgendwann konnte ich diese Assoziation ablegen und dann gab es Jahre lang nur noch meine Mutter, die Katze und mich. Ich hab sie immer als meine Therapie-Katze gesehen, sie schmust total gerne und oft ist sie das einzige Lebewesen, welches mir nah kommen durfte, wenn ich Nähe nicht ertragen kann. Sie lag oft auf mir schlafend, dass beruhigte mich meistens und half mir. Nun ist sie schon eine Seniorin und wie es bei Oma-Katzen nun manchmal so ist, bekam sie Zahnschmerzen. Die Zähne bis auf ein Backenzahn mussten rausoperiert werden. Wir wollten ihr damit Erleichterung verschaffen. Am Tag danach ging es ihr super, sie fraß und war ganz sie selbst. Dann plötzlich fraß sie nicht mehr und die Bluttests ergaben, dass sie ganz schlechte Leberwerte hatte. Somit musste sie stationär zurück zur Tierarztpraxis. Dort ergab sich auch noch, dass sie ein Herzproblem hat. Und als sie wieder nach Hause durfte musste sie andauernd niesen, ohne dass sie eine Entzündung hat. Jetzt frisst sie wieder nicht mehr und man merkt wie schlecht ihre Atmung ist, somit ist sie nun wieder in der Praxis. Ich möchte gar nicht wissen wie hoch die Tierarztrechnung sein wird. Ich halte den Gedanken, dass es ihr so schlecht geht und das sie bald ... nicht aus. An dem ersten Tag als sie zurück in die Praxis musste war ich Stunden lang im dissoziativen Stupor, nach Stunden bin ich daraus aufgewacht, dann konnte ich während mir es bewusst war für weitere zwei Stunden nichts bewegen und dann als ich wieder stehen konnte bin ich nach draußen gegangen, spazieren. Da habe ich mich dann in einer Nachbarstraße verlaufen, weil mir alles so fremd vorkam. Meinen linken Arm konnte ich erst wieder zwei Tage später normal bewegen. Ansonsten wechseln sich die Panikattacken mit schwerer Luftnot und die dissoziativen Zustände ab. Weil mich das ganze so überfordert kann ich wieder absolut keine Nähe zulassen. In die Augen schauen ist schon zu viel. Aber eigentlich möchte ich doch in den Arm genommen werden und vor allem bei Miss Marple sein. Die Schuldgefühle sind riesig, dass ich ihr und meiner Mutter nicht beistehen kann und dann ist die bestrafende Stimme sehr präsent.

 

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Produktiver Tag

Uff! Heute war ein sehr erfolgreicher und produktiver Tag, wenn auch sehr anstrengend. Gemeinsam mit meiner Betreuerin war ich heute Mittag in der Stadt: Alec bei der Hundesteuer anmelden. Danach hat meine Betreuerin mir noch geholfen meinen Weihnachtseinkauf zu erledigen. Ganz ohne Dissoziation hat es zwar nicht geklappt und in den Geschäften habe ich auch schnell Panik bekommen - zum Schluss hat sie mich aus dem Geschäft bugsiert, aber zumindest muss ich im Weihnachtstrubel nicht mehr in die Läden. 

 

Eben war ich noch mit meiner Mutter bei der Bank, ein Spendenkonto eröffnen. 

 

Oh und morgen muss ich noch mit meiner Mutter zum Futterhaus um neues Spielzeug für meinen Liebling zu kaufen. Der erste Backenzahn ist schon locker, da braucht er jetzt etwas zum drauf rum kauen. Das bringe ich ihm dann am Samstag mit.

10.11.2015

Mir geht es momentan echt schlecht. Hab ständig Panikattacken, Dissos und Flashbacks. Ich schlafe kaum und wenn schrecke ich nach kurzer Zeit wieder wegen Albträumen auf. Die neue Diagnose kommt wahrscheinlich auch bald, sie verwirrt mich sehr und ich muss mich noch damit auseinandersetzten. Genau in diesem Moment nehme ich gerade meine Umwelt total verzerrt wahr (Derealisation). Ich muss momentan oft ins Krankenhaus hier in Stade für mehrere Neurologische Untersuchungen, das triggert mich jedesmal immens. Mir wurde gerade dieses Bild geschickt, es hätte keinen besseren Zeitpunkt dafür geben können. Ich stelle mir gerade vor, wie er mich tröstet. Aber ich glaube ich muss jetzt nochmal ne Runde spazieren gehen.

Arzttermine und MRT

Was für eine Woche!!!

 

Schon so oft habe ich gedacht, dass es nicht schlimmer werden kann. Jedesmal liege ich falsch!

 

Ich will absolut nicht rumjammern. Und ich versuche auch penibel darauf zu achten, dass ich es nicht tue, aber das muss jetzt mal sein: *Seufz* 

 

Ich habe ja schon seit langer Zeit eine Bewegungsstörung, für mehrere Wochen am Stück kann ich nicht richtig gehen, habe eine schlechte Koordination und meine Arme sind zu schwach um Gegenstände zu halten. Nach einer längeren Wartezeit hatte ich nun endlich einen Termin bei einer Neurologin. Ich wollte mich ärztlich abchecken lassen um sicher gehen zu können, dass nichts körperliches dahinter steckt. Die Neurologische Ambulanz liegt hier in Stade mit in dem Krankenhaus, in dem ich auch schon mal für drei Wochen in der geschlossenen Psychiatrie war. Allein der Gang ins Krankenhaus triggerte wieder unschöne Erinnerungen. Meine Mutter begleitet mich natürlich immer, aber es ist trotzdem sehr schwierig für mich. Nunja, die Ärztin untersuchte mich und verschrieb mir ein MRT vom Kopf und vier EEGs.

 

Am 5.11 hatte ich um 16 Uhr meinen Termin bei der Kernspintomographie. Die ganze Woche ging es mir schon ziemlich bescheiden und ich habe mich schon mit dem Gedanken rumgequält, wie es wohl werden wird. Ich habe Klaustrophobie, das heißt ich bekomme Panik wenn ich in zu engen Räumen bin. Als wir ankamen konnte ich schon nicht mehr reden. Meine Mutter hat das für mich übernommen und ich wurden auch recht schnell aufgerufen. Ich sollte in einer winzigen Umkleidekabine alles Metallische ausziehen, da das Gerät ja ein Riesen-Magnet ist. In der Umkleidekabine habe ich schon mega Angst bekommen. Es ging aber auch schnell weiter. Mir wurde ein Zugang in den Arm gelegt und ich sollte mich auf die Liege hinlegen mit der man in das Gerät geschoben wurde. Mir wurde die Höchstdosis Valium gespritzt, damit ich mich entspannen kann. Pustekuchen! Außer dass mir ganz kurz sehr schwindelig wurde habe ich davon nichts gespürt. Ich war zu dem Zeitpunkt schon sehr panisch und konnte mich nicht mehr kontrollieren, sodass ich wie ein kleines Kind weinte. Als mir die Arzthelferinnen dann die Spule über den Kopf gestellt haben ging gar nichts mehr. Ich glaube ich wurde sehr laut und habe alles getan damit diese Spule weggenommen wurde. Ich hätte 30 Minuten ruhig im MRT Gerät liegen müssen.. für mich leider unmöglich. Allein das Geräusch konnte ich nicht ertragen. Ganz abgesehen von der Enge in der Röhre. Ich wollte nur noch weg, einfach flüchten, das war mein einziger Gedanke. Flucht! Die Autofahrt nach Hause war auch die Hölle. Ich musste danach einfach alleine sein. Meine Mutter musste mich zu mir nach Hause fahren, denn ich konnte jegliche Nähe nicht ertragen. Irgendwann gegen 03.30 Uhr in der Nacht konnte ich mich wieder einigermaßen beruhigen. Bis dahin hatte ich Panikattacken. Um ca. 1 Uhr nachts bin ich noch mal nach draußen geflüchtet, ich musste einfach weg. Ich fühlte mich so ausgeliefert und der Kontrollverlust war furchtbar. Ich habe natürlich ganz viele Skills ausprobiert, das heißt Methoden und Dinge die mir helfen mich zu beruhigen, aber nichts hat mir geholfen. Irgendwann bin ich dann auf dem Sofa vor Erschöpfung eingenickt, aber auch sehr schnell wieder hochgeschreckt, weil ich mal wieder Alpträume hatte. Die Untersuchung wäre so wichtig gewesen, ich mache mir echt Sorgen wegen der Bewegungsstörung und so kann es nicht weiter gehen. Aber ohne Vollnarkose werde ich eine MRT Untersuchung niemals aushalten. Die Neurologin meinte aber, dass das nicht ginge. Rational weiß ich ja, dass mir dabei nichts passieren kann. 

 

Nach der schlimmen Nacht, hatte ich heute am 6.11 um 11 Uhr noch meinen ersten EEG Termin, dabei werden die Gehirnströme gemessen. Ich war so fertig mit der Welt, aber zum Glück war die Frau beim EEG sehr freundlich und verständnisvoll. Meine Mutter durfte mit im Raum bleiben und als ich ihr sagte, dass ich so wenig angefasst werden möchte wie möglich hat sie auch sehr nett reagiert. Trotzdem war ich extrem angespannt und bin immer wieder leicht weg dissoziiert. In den nächsten zwei Wochen erwarten mich drei weitere solcher Termine.

 

Ich würde alles dafür geben, ohne diese ständige Angst ins Leben gehen zu können!

 

Auf die Feststellung der Schwerbehinderung warte ich auch immer noch. Der Antrag läuft schon seit einigen Monaten, aber bis jetzt hat sich das Versorgungsamt immer noch nicht gemeldet. 

 

Ich bin auch weiterhin fleißig mit meiner Therapeutin dabei, bei der Diagnosestellung einer weiteren Störung. Meine Therapiestunden sind nach drei Jahren durchgehender Therapie nun ausgelaufen, aber meine Therapeutin, die sehr bemüht ist, versucht trotzdem nochmal bei meiner Krankenkasse 20 Stunden durchzuboxen. Momentan habe ich alle zwei Wochen 25 Minuten Termine, damit wir unsere Zeit so weit wie möglich ausdehnen können.

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28.10

Ich wünschte ich könnte ohne zu lügen schreiben wie gut es mir geht, aber das schaffe ich nicht. 

Heute Nachmittag habe ich gemeinsam mit meiner Mutter einen Friseur Termin. Davor habe ich schon mega Angst. Mein Wunsch nach Nähe und es dann absolut nicht ertragen zu können schlägt immer mal wieder um. Der Gedanke daran, dass mich später eine fremde Person anfassen wird, versetzt mich jetzt schon in Panik. Depersonalisation ist mein täglicher Begleiter, dass heißt, dass ich mir fremd bin. Ich weiche schon seit Tagen jedem Spiegel aus, weil ich mich jedes Mal erschrecke. Die Person die da im Spiegel ist, bin nicht ich, sie ist irgendeine Fremde. Genauso wie mein linker Arm und Hand. Es hängt an mir dran, aber es fühlt sich nicht wie meins an. Ganz schön gruselig. Ich merke auch mehrmals am Tag, dass ich dissoziiere, also dass ich mich nach einer unbestimmten Zeit wieder bewege um merke, dass ich wahllos irgendwo hin gestarrt habe. Über den Tag hinweg fehlt mir manchmal ganz schön viel Zeit. Seit gestern Abend knicken auch wieder die Beine unter mir weg. Sie sind wieder taub und haben keine Kraft mich zu tragen. Morgen habe ich endlich einen Termin bei einer Neurologin, darauf habe ich Monate lang gewartet. Dort werde ich auf meine Bewegungsstörung untersucht, damit ich Gewissheit habe, dass es wirklich alles nur dissoziativ ist.

24.10

Update zu Alec

Alec geht es super, er hat seine Tierärztin kennengelernt. Sie hat ihn geimpft und festgestellt, dass er ein großer und mächtiger Labrador wird. Gestern war er mit seiner Patenfamilie bei einem Laternenumzug mit viel lauter Musik und Trubel, das hat er auch ganz toll mitgemacht. Ich bin so stolz auf ihn.

Update zu mir

Meine Situation bleibt unverändert. Ich kann immer nur wiederholen wie froh ich bin meine Therapeutin und Betreuerin zu haben. Nun steht noch eine neue Diagnose im Raum, über die ich noch nicht reden möchte. Sollte es so sein, werde ich noch mal in eine spezialisierte Klinik gehen, die zum Glück ganz nah bei Alec liegt.

Für heute skille ich erstmal indem ich meinen Lieblingskuchen backe. Den nehme ich dann morgen zum langersehnten Besuch bei Alec mit. Der Kuchen ist natürlich nicht für Alec 😂 sondern für die liebe Patenfamilie. Das morgige Programm besteht aus Alec kuscheln, Alec schmusen und liebhaben und mit Alec zum Strand fahren. Alles ganz relaxt um ganz viel Alec-Liebe und Entspannung aufzutanken.

16.10

Eigentlich wollte ich jetzt über meinen Termin bei meinem Arzt berichten und wie mir Alec dabei hätte helfen können. Aber ich kann mich nicht lange genug dafür konzentrieren. Das war so anstrengend. Das Wetter passt zu meiner Stimmung. Zu wenig Schlaf, Albträume, Dissos, meh... Ich zieh mir jetzt die Decke über den Kopf und hoffe, dass die Zeit bis ich Alec wiedersehe schneller vergeht. Ich hoffe, dass es Euch gut geht und wünsche Euch allen einen schönen Tag.

9.10

In den letzten Tagen war es ja recht still auf meiner Seite. Ich habe mich etwas zurückgezogen. Durch Flashbacks sind neue Erinnerungen hochgekommen, die mich ziemlich aus der Bahn geworfen haben. Es gibt so böse Menschen auf dieser Welt! Mittwoch hatte ich um 19 Uhr noch einen Notfalltermin bei meiner Therapeutin bekommen. Bis um 22 Uhr war ich dann mit ihr in ihrer Praxis, weil sich eine sehr heftige Dissoziation einfach nicht löste. Die letzten Tage waren ein einziger Horror, ständig Flashbacks, Dissoziationen und Albträume, die Bewegungsstörung löst sich auch mal wieder nicht. Ich bin unglaublich froh, dass ich ein so gut funktionierendes Team (Therapeutin und Betreuerin) um mich habe. Ich schaue mir ständig die Bilder und Videos von Alec an und male mir aus was Alec in solchen Momenten wohl tun würde, oder wie wir kuscheln, allein das hilft mir schon. Flashbacks und Dissoziationen sind ja bei weitem nichts neues für mich, aber das was jetzt hoch kam wusste ich vorher nicht, bzw. habe es nur geahnt. Tröpfchenweise kommen jetzt die Bilder und Schmerzen zurück. Da habe ich wohl noch so einiges verdrängt.

Schlaflos

Diese blöden Flashbacks. Versuche mich abzulenken. Erstarre ständig. Mein Name ist Johanna ich bin 23 Jahre alt, es ist der 6.10.2015 01:17 Uhr es ist alles ok. Es ist vorbei, es kann mir hier nichts passieren. Memo an mich selbst.

Trigger und mein verqureres Denken

Was ist ein Trigger? – ein Trigger ist ein Auslöser. Es kann Gedanken und ein bestimmtes Verhalten auslösen (Dissoziationen, Panikattacke, abwer Verhalten, Rückzug …). Jeder sollte unbedingt seine Trigger kennen, damit man sich schützen kann. Dies können sein: Gerüche, einzelne Wörter, Stimmen, laute Geräusche, Sachen die um einen herum passieren, die wir als unangenehm oder gefährlich empfinden. Jeder hat andere Trigger und es gibt auch noch viel mehr.

Ich möchte eine extrem-Situation schildern, in der mir Alec gestern sehr geholfen hätte. Ich habe gestern Abend aus Versehen eine Suppe probiert. Nur wusste ich nicht, dass diese mit Curry gewürzt wurde. Curry ist ein sehr großer Trigger bei mir und ich meide es wie die Pest. Als ich es schmeckte, bekam ich sofort Panik, fing an unkontrollierbar zu weinen, bekam starke Atemnot und wurde sehr paranoid. Ich wollte rennen, konnte aber nicht, weil meine Beine nicht funktioniert haben. Ich konnte nicht sprechen und wollte nur noch allein sein. Zuhause war an Schlaf nicht zu denken. Ich lenkte mich ab, verfiel dabei aber in eine Dissoziation. Irgendwann bin ich dann doch ins Bett gegangen. Ich machte mir Kerzen an mit einem gut riechendes Duftöl und hörte ein Hörbuch. Ich sorgte also für mich.

Doch das geht leider so gar nicht. Wer mich besser kennt weiß, dass ich mit allen Mitteln gegen mich kämpfe. Ich erlaube mir nichts, verdiene nichts und mache eh alles falsch. Dies ist der innere Anteil der Täter, die mir Jahre lang eingeredet haben wer ich bin und wo mein Platz ist. Ich weiß vom Kopf her, dass mein Verhalten und Denkweise völlig daneben ist und dass ich besser mit mir umgehen sollte. Die Umsetzten gestaltet sich jedoch schwierig. Jetzt bin ich wütend auf mich, weil ich für mich gesorgt habe.

Wenn jemand Angst hätte, weinen würde und Hilfe bräuchte, wäre ich die erste Person die zu der Person hinrennen würde, sie trösten würde und ihr sagen würde wie wertvoll sie ist. Aber bei mir selber funktioniert das auch nach jahrelanger Therapie noch nicht.

Alec hätte mir helfen können mich aus dieser Situation zu befreien, mich beruhigen und trösten können. Die Panikattacke und Dissoziation unterbrechen können. Und er könnte mich jetzt ablenken und mir Sicherheit spenden.

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Alec und Zusage von Sponsoren

Gestern am 29.08.2015 bin ich zusammen mit meiner Mutter zu einer Züchterin in der Nähe von Bremen gefahren. Kati, hatte ein paar Tage zuvor die Welpen getestet und mir Bilder von einem Rüden geschickt, der alle Tests mit Bravour bestanden hat. 

 

Ich habe mich gleich in ihn verliebt, er war die ganze Zeit total gelassen und ist gleich in meinem Arm eingeschlafen. 

 

Den Vertrag habe ich schon unterschrieben. Am 19.09.2015 wird er von Kati und der Patenfamilie abgeholt. Da werde ich auch mit dabei sein. 

 

Ich freue mich so sehr, dass Kati diesen tollen Rüden gefunden hat. Danke Kati! Alec und ich werden bestimmt ein tolles Team.

 

Passend dazu habe ich die erste Rückmeldung von einem Sponsorenkreis bekommen. Ich weiß noch nicht ob es denen Recht ist, wenn ich deren Namen nenne. Ich bekomme für Alecs Ausbildung 500 Euro. Danke!!!

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Aufbau meiner Website und mein Hund

Die Hündin wird hoffentlich mal eine große und ganz tolle Assistenzhündin. Demnächst bekommt sie auch noch einen Namen. Ich werde jetzt die Tage die Auszahlung von 1200 € von Betterplace veranlassen, damit ich mit dem Geld den Welpen kaufen kann. Zuerst wird sie zu einer Patenfamilie ziehen um dort sozialisiert zu werden, wenn sie alt genug ist kommt sie ins Intensivtraining zu Kati Zimmermann. Hier geht es zu ihrer Website, wo es auch Neuigkeiten zu meiner Hündin gibt. Ich freue mich sehr bald meine Kleine Labrador Hündin kennen zu lernen. 

 

Danke an alle die diesen Schritt möglich gemacht haben. Das kann ich nicht oft genug sagen! Ich bin Euch allen so unglaublich dankbar.

 

Momentan bin ich auch sehr damit beschäftigt meine eigene Website auf Vordermann zu bringen. Ich bin keine Ärztin, aber ich möchte trotzdem gerne versuchen, meine Krankheiten zu erklären um Leute aufzuklären. Es ist alles noch in Arbeit. Bitte verzeiht mir, wenn etwas Fachlich nicht genau stimmt. Ich beschreibe alles als Betroffene.  

 

Mir geht es immer noch nicht so gut. Ich habe fast täglich Dissos, manchmal mehrmals am Tag und dann fällt es mir sehr schwer zu gehen. Ich hänge schon seit über einem Jahr in der Schwebe. Ich weiß nie genau wie es weiter geht. Und alles was ich schon seit langem brauche ist Stabilität, Sicherheit und Gewissheit. Momentan habe ich auch keinerlei Therapie, da meine Therapeutin, meine Betreuerin und mein Therapiepferd im Urlaub sind.


Ich habe noch keine Antworten von den Stiftungen und Zeitschriften erhalten. Auf die Einschätzung meiner Schwerbehinderung warte ich auch weiterhin. Habe ich schon erwähnt, dass ich eine sehr ungeduldige Person bin?!